Rezension zu Triangulierung (PDF-E-Book)
Beratung aktuell. Zeitschrift für Theorie und Praxis in der Beratung Jahrgang 16, Heft 3/2015
Rezension von Dr. Rudolf Sanders
Viele Begriffe, die wir aus der Psychoanalyse kennen, blicken auf
eine lange Geschichte zurück und waren zum Teil schon vor Freuds
Zeiten ein Thema. Einige Begriffe haben längst den Weg aus der
Fachwelt hinaus in die Umgangssprache gefunden. So auch der der
Triangulierung, der nicht nur für die Psychoanalyse, sondern auch
für andere Therapieschulen einen zentralen Bezugspunkt darstellt.
Die Triade ist eng verbunden mit der Dyade, also der engen
Beziehung etwa zwischen Mutter und Kind, symbolisiert durch die
Nabelschnur. So ist der Vater der, die, das, Dritte im Bunde als
hilfreiche Erweiterung für die Mutter anzusehen. Er kann aber auch
als Bedrohung bei symbiotischen Verschmelzungsfantasien seitens der
Mutter wahrgenommen werden, wenn er etwa darauf pocht, dass neben
dem Mutter-Sein auch noch das Partner-Sein als Gegenüber wichtig
ist. Die Grundidee ist, dass die Beziehung zwischen zwei Polen
durch einen Dritten ermöglicht und reguliert wird, wobei die
Triangulierung Öffnung und Entwicklung bedeutet, zugleich aber auch
Stabilisierung und Sicherheit. Die Triangulierung reguliert und
relativiert die Beziehung zwischen zwei anderen. So macht die
Säuglingsforschung deutlich, dass bereits vor der Geburt des Babys
die Triangulierungsfähigkeit seitens der Eltern von Bedeutung ist;
denn je besser die Eltern in der Lage sind, sich und ihr
zukünftiges Baby in der Dreiersituation vorzustellen, desto besser
wird sich das Kind entwickeln. Deshalb dürfen psychische Störungen
nicht allein aus der Mutter-Kind-Beziehung erklärt werden, sondern
der Bezugsrahmen muss um die Beziehung zwischen Eltern und zwischen
Vater und Kind erweitert werden.
Das Buch zeigt Triangulierungssituationen im gesamten
Lebensverlauf, von der Geburt bis zum Tod, auf und macht deutlich,
wie das Dritte in der Entwicklung in ganz unterschiedlicher Weise
in Erscheinung tritt: als Personen in Form von Zeichen und Symbolen
und in Gestalt von sozialen Gruppen. Psychische Entwicklung findet
immer in einem triadischen Kontext statt, der zugleich einen
stabilen Rahmen und entwicklungsanregende Reize zur Verfügung
stellt. Systemisch gesehen hat der Dritte eine zweifache Funktion:
Zum einen wird er benötigt, um eine dyadische Konstellation in
einen größeren Kontext einzubetten und zu erweitern, zum anderen
ist er auch notwendig, damit sich die Dyade gegen ihn konstituieren
und abschließen kann. In diesem Sinne sind Dyaden auf der Suche
nach dem stabilisierenden Dritten, das heißt auf der Suche nach der
Triade.