Rezension zu Mit vereinten Kräften (PDF-E-Book)
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Rezension von Sabine Steppat
Es handelt sich um den zweiten Band eines Buchprojektes über die
Arbeit der DGB‑Frauen seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Während der
2013 erschienene erste Band den Zeitraum bis zur Wende abdeckt
(siehe Buch‑Nr. 44937), stehen nun »die deutsche Einheit und die
Gewerkschaften, die Krise und der Zusammenschluss der
Gewerkschaften […sowie] die Behauptung der Frauen mithilfe der
Quote« (12) im Blickpunkt. In methodischer Hinsicht sind die Bände
insofern ähnlich, als es sich um »eine Montage von Interviews und
Quellenmaterial aus der DGB‑Frauenarbeit« (14) handelt. Als die
DGB‑Frauen im Herbst 1989 zur Bundesfrauenkonferenz zusammenkamen,
wurden sie von der friedlichen Revolution überrascht, berichtet
Sibylle Plogstedt. Und als der DGB im Mai 1990 in Hamburg seinen
14. Bundeskongress abhielt, spielte die Wende so gut wie keine
Rolle. Lediglich in einem Initiativantrag des Bundesvorstandes
forderte dieser die Regierungen und Parlamente beider deutscher
Staaten auf, eine gesellschaftliche Ordnung für die Menschen zu
schaffen, »in der die Rechte aller Menschen auf Freiheit und
Selbstbestimmung verwirklicht werden« (29). Bei der ersten
gesamtdeutschen Frauenkonferenz im Oktober 1990, die fünf Tage nach
der Einheit stattfand, prallten Welten aufeinander: Einerseits
wurde vonseiten der West‑Gewerkschafterinnen befürchtet, dass die
Frauenkämpfe der zurückliegenden Jahre möglicherweise vergebens
gewesen waren, denn der Feminismus hatte bei den DDR‑Frauen »keinen
guten Klang« (47). Andererseits gab es auch unter diesen Stimmen,
die aufgrund der gesamtdeutschen Einheit einen Rückschritt für
Frauen befürchteten. Anfänglich gestaltete sich der Kontakt
zwischen den Kolleginnen aus Ost und West schwierig: Während für
die Ost‑Frauen Kinderkrippen eine Selbstverständlichkeit waren,
waren ihnen Arbeitsschutzgesetze, Quoten und eine gezielte
Förderung von Frauen eher fremd. Die Autorin schildert den Prozess
der Integration, wie Millionen von Arbeitnehmer_innen den
West‑Gewerkschaften beitraten. Jedoch erfüllten sich ihre
Erwartungen nicht, was vor allem für die Frauen zutrifft. Sie
gelten »als die Verliererinnen der Einheit, es kam zu massiven
Arbeitsplatzverlusten«. Erst langfristig wurden die Frauen zu
Gewinnerinnen der Einheit. »Es gelang ihnen, in fast allen
Gewerkschaften die Soll‑Quote in eine Muss‑Quote zu verwandeln«
(341). Nachdem sich die Frauen in den Vorständen der
DGB‑Gewerkschaften anfänglich vor allem um die strukturellen Folgen
der Wiedervereinigung kümmerten, standen später Themen wie die
Gleichstellung, die Frauenquote, die Repräsentanz von Frauen in den
Aufsichtsräten, aber auch die Kinderbetreuung und der Mindestlohn
im Mittelpunkt.
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