Rezension zu »Wir haben Geschichte geschrieben«
fachbuchjournal, 7. Jahrgang, April 2015 Ausgabe 2
Rezension von Prof. Dr. Dieter Schmidmaier
Die Wortprotokolle der DGB-Bundesfrauenkonferenzen und der
DGB-Kongresse, die Rechenschaftsberichte der Abteilung Frauen im
DGB, die Nachlässe einzelner Gewerkschafterinnen und Interviews mit
15 ehemals in Führungspositionen des DGB tätigen
Gewerkschafterinnen wie Maria Weber, Irmgard Meyer und Monika
Wulf-Mathies sind die wichtigsten Grundlagen von »›Wir haben
Geschichte geschrieben‹. Zur Arbeit der DGB-Frauen (1945-1990)« –
eine Sisyphusarbeit, die sich gelohnt hat, denn entstanden ist eine
beeindruckende Publikation von den Kämpfen der Gewerkschafterinnen
um den sozialen Status der erwerbstätigen Frauen (»Die Mehrzahl der
bisherigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu den
Gewerkschaften stammt von Männern« S. 15). Es ist nach der
randständigen Berichterstattung die erste Geschichte der Arbeit der
Frauen im DGB.
Es ist eine Chronologie von der Sammlungsbewegung der
Gewerkschafterinnen gegen Ende des Zweiten Weltkrieges bis zur
Vereinigung Deutschlands 1990 und umfasst damit die Ägide der drei
DGB-Vorstandsfrauen Thea Hartmuth, Maria Weber und Irmgard Blättel
(»Die DGB-Frauenarbeit wurde bis 1989 unter dem Diktum der
Einheitsgewerkschaft von CDU-Frauen geführt« S. 483, die erste
SPD-Frau ist Ursula Engelen-Kefer).
Die Autorin belegt, dass es in der Bundesrepublik kein Gesetz gibt,
»auf das die Gewerkschafterinnen nicht in Anhörungen,
Stellungnahmen, Prozessen oder auf Demonstrationen Einfluss
genommen hätten« (S. 22) – die ökonomische und familiäre
Gleichstellung der Frau (Artikel 3 des Grundgesetzes), die erst
1977 eine Arbeitsaufnahme der Frauen ohne Zustimmung des Mannes
erlaubt, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, die Veränderungen des §
218 StGB, der Mutterschaftsurlaub und das Mutterschutzgesetz,
Elternurlaub, Arbeitsschutz, Renten- und Arbeitslosensystem u.v.a.
Ohne die jahrelangen Kämpfe gäbe es heute wahrscheinlich immer noch
keine Anerkennung des 8. März als Internationalen Frauentag.
»Die DGB-Frauen mussten ihre Arbeit als eigenständigen Bereich
innerhalb der ›Männergewerkschaft‹ DGB immer neu verteidigen.« (S.
484) Die Frauenabteilung hat übrigens über viele Jahre kein eigenes
Budget, erst 1990 wird ihr ein kleiner Etat zur Verfügung gestellt,
um die Geschichte der Gewerkschafterinnen aufzuzeichnen. Auch die
Geschichtsschreibung ist lange Zeit ein Privileg der Mächtigen. Als
Ergänzung ist eine Geschichte der Frauen im FDGB in der DDR
wünschenswert. Als Vorarbeit dazu existieren eine Chronik
»Geschichte des FDGB« aus dem Jahr 1982 und von 2009 das Projekt
»FDGB-Lexikon« (www.library.fes.de/FDGB-Lexikon).