Rezension zu Geburt
BuchMarkt, 50. Jahrgang, Nr. 10, Oktober 2015
Rezension von Friederike v. Diest
Das Licht der Welt erblicken
Die Geburtsmedizin ist inzwischen sehr weit – doch der Wunsch einer
natürlichen Geburt mit möglichst wenig Fremdeinwirkung und Stress
für Mutter und Kind wird größer.
In der Psychoanalyse spielt das »Trauma der Geburt« wie auch das
Werk von Otto Rank, Psychoanalytiker und Vertrauter Sigmund Freuds,
eine bedeutende Rolle. Demnach hat das »Wie« man geboren wird,
erhebliche Auswirkungen auf das spätere Leben. Ludwig Janus macht
sich in seinem Buch »Geburt« (Psychosozial Verlag) auf die Spuren
der psychologischen Betrachtung derselben und analysiert die
verschiedenen Theorien der vergangenen Zeit bis hin zu konkreten
Therapievorschlägen.
Besonders der Kaiserschnitt gilt als eine problematische Erfahrung
für Mutter und Kind. Weltweit werden pro Sekunde etwa fünf Babys
geboren. Grob überschlagen sind es etwa 700.000 Babys pro Jahr in
Deutschland. Davon werden etwa 30 Prozent per Kaiserschnitt geholt.
Im Vergleich dazu waren es vor 20 Jahren nur etwa 15 Prozent. Die
Kritik an diesem Eingriff ist groß, insbesondere bei sog.
Wunschkaiserschnitten, die medizinisch nicht begründet sind.
Gemeint ist das damit verbundene Risiko für Mutter und Kind über
weniger gute Startbedingungen für das Kind im Allgemeinen
(Stichwort: Abwehrkräfte) bis hin zu einer gestörten Bindung
zwischen Mutter und Kind durch Fehlen der Geburtserfahrung.
Laut Ilka-Maria Thurmann werden gerade die psychischen Auswirkungen
eines Kaiserschnitts unterschätzt. In ihrem Buch Kaiserschnitt
heilsam verarbeiten. Die »Prä- und perinatal basierte
Spieltherapie« (Mabuse Verlag) stellt sie unterschiedliche Folgen
und deren Therapiemöglichkeiten vor. Einen ähnlichen Ansatz
verfolgt Michel Odent der in »Es ist nicht egal, wie wir geboren
werden. Risiko Kaiserschnitt« (Mabuse) mögliche Folgen des
»industrialisierten Geburtenmanagements« inklusive der körperlichen
Konsequenzen beschreibt.
Wie unsere Gesundheit durch die Geburt beeinflusst wird, will auch
die DVD »Microbirth. Der größte Moment. Die Geburt als Schlüssel zu
lebenslanger Gesundheit« von Prof. Sue Carter (Scorpio) zeigen. Die
These: Durch eine natürliche Geburt werden die Abwehrkräfte
gestärkt, und sie schütze damit vor Zivilisationskrankheiten.
Ausgehend von diesen Thesen beschäftigen sich darum immer mehr
Frauen mit dem Thema der natürlichen, stress- und vor allem
angstfreien Geburt.
Mit »FlowBirthing« bezeichnet Kristina Marita Rumpel in ihrem
gleichnamigen Titel (mankau) die Technik, sich I über eine
»bewusste Schwangerschaft auf die Geburt im Vertrauen auf die
weibliche Urkraft vorzubereiten«. Ihre Homepage wurde 2015 sogar
mit dem Health Media Award ausgezeichnet. Ziel sei es, die Geburt
wieder als etwas Natürliches und Schönes wahrzunehmen. Passend dazu
bietet Mankau eine CD mit Mediationen, Affirmationen, Mantras und
Lebensmusik an, die die Schwangere (und das Kind) auf den Moment
der Geburt vorbereiten sollen.
Sich mental auf den großen Augenblick vorzubereiten, ist auch das
Thema des Titels »Traumgeburt«. Gelassenheit, Entspannung und
Schmerzkontrolle durch Selbsthypnose von Alexandra Kopf (Carl Auer
Verlag). Statt die Geburt als etwas Fremdbestimmtes zu empfinden,
soll der Titel helfen, sich bewusst auf die Geburt vorzubereiten
und die eigenen Ressourcen z.B. durch Selbsthypnose zu
aktivieren.
Während sowohl »FlowBirthing« als auch »Traumgeburt« auf die
»Urkräfte der Frauen« hinweisen und ganz allgemein Hilfestellung
für eine entspannte Geburtserfahrung geben möchten, gehen die Titel
von Nadine Wenger und Sarah Schmidt noch einen Schritt weiter. Die
Autorinnen verzichteten bei ihren Geburten auf medizinische Hilfe
und brachten ihre Kinder allein auf die Welt. In »Vom Glück der
natürlichen Geburt« (Allegria) beschreibt Nadine Wenger ihre
Erfahrungen auf dem Weg zur Alleingeburt. Die Medizinerin Sarah
Schmid gibt zusätzlich eine Reihe von fundierten, wissenswerten
Fakten rund um Schwangerschaft und Geburt mit auf den Weg. Sie
stellt in ihrem Buch »Alleingeburt. Schwangerschaft und Geburt in
Eigenregie« (edition riedenburg) die Geburt ohne medizinische
Begleitung als eine Möglichkeit vor, versucht in erster Linie zu
ermutigen, für sich selbst eigene Entscheidungen zu treffen und
sich nicht von beängstigenden Geburtsmythen entmutigen zu
lassen.