Rezension zu Sexualität und Familie (PDF-E-Book)
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Rezension von Ulrich Paetzold
Torsten Linke, Ulrike Busch u.a. (Hrsg.): Sexualität und
Familie
Thema
Es wird die Notwendigkeit sexualpädagogischer Ansätze im Rahmen
erzieherischer Hilfen an Hand einer Studie zur Jugendsexualität
herausgearbeitet.
Autor
Der Autor hat den Master in Angewandter Sexualwissenschaft und das
Diplom als Sozialarbeiter/ -pädagoge. Er hat in verschiedenen
Bereichen der Sozialen Arbeit gearbeitet. Das Buch ist Band 1 einer
interdisziplinär angelegten Reihe unter dem Stichwort »Angewandte
Sexualwissenschaft«.
Aufbau
Der schmale Band ist in fünf Kapitel aufgeteilt, die ersten drei
(Sexualkultur, Sozialisation und Familie, Sexualität und Familie)
bilden die fachliche Grundlage für den vierten Abschnitt, die
Darstellung und Deutung einer Studie zur Jugendsexualität. Den
Abschluss bildet ein Ausblick für die Praxis zur sexuellen
Bildung.
Inhalt
Auf knapp hundert Seiten wird im ersten Kapitel auf den Begriff und
die gesellschaftliche Einbindung von Sexualkultur eingegangen.
Der zweite Abschnitt – Sozialisation und Familie – greift
inhaltlich die Begrifflichkeiten Sozialisation, die
Sozialisationsinstanzen Familie, Schule, Medien und die Peer-Group
auf, um anschließend Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe
(Sozialpädagogische Familienhilfe und Erziehungs- und
Familienberatung) mit ihrer Bedeutung für die Sexualpädagogik zu
beschreiben.
»Sexualität und Familie« als dritter Abschnitt vertieft die
Bedeutung der Familie für die Entwicklung der kindlichen
Sexualität, die Entwicklung der Sexualität in der Pubertät und
Postpubertät. Abgeschlossen wird dieses Kapitel mit einem Abschnitt
zu sexualisierter Gewalt.
Den Kern des Buches bildet die Vorstellung der PARTNER 4 Studie
(Befragung von 862 Jugendlichen in Mittel- und Ostdeutschland, Juni
2012 bis Januar 2013), die eine Nachfolgestudie der PARTNER 3
Studie von 1990 ist. Hier wird auf familiäre Herkunftsbedingungen
(Bildung, familiäre Konstellation, Zärtlichkeit und Gewaltfreiheit,
Umgang mit Nacktheit, familiäre Kommunikation), auf Einstellungen
zu Sexualität, auf sexuelles Verhalten, auf Wissen über Sexualität
und Mediennutzung und auf sexualisierte Gewalt eingegangen.
Abschließend werden kurz die Möglichkeiten sexueller Bildung und
Beratung skizziert.
Diskussion
Das Buch greift völlig zu Recht eine Lücke im ganzheitlichen
Auftrag der Sozialarbeit/ Sozialpädagogik für die Bildung und
Entwicklung von Kindern und Jugendlichen auf, nämlich zumindest für
bestimmte Zielgruppen sexualpädagogische Angebote vorzuhalten.
Anhand der Studie werden die Gruppen in den Blick genommen, die von
der Sexualerziehung in der Schule wenig profitieren und auch
innerhalb der Familie wenig hilfreiche Impulse für die sexuelle
Entwicklung bekommen. Daran knüpft Linke (sinnvollerweise) einen
möglichen Arbeitsauftrag für den Bereich Erziehungs- und
Familienberatung für sexualpädagogische Bildungs- und
Beratungsangebote. Die Aussagekraft der vorgestellten Studie ist
natürlich sehr begrenzt, bezieht aber ihren Reiz zum einen aus dem
Vergleich mit 1990 und den darin erkennbaren Veränderungen, zum
anderen aus den Denkanstößen, die daraus ableitbar sind. Deutlich
wird, dass es außerhalb der Schule in Deutschland kein
systematisches Bildungskonzept für den Bereich der Sexualpädagogik
gibt und gerade hier auch erhebliches, präventives Potential
gäbe.
Der Schlussteil – Ausblick für die Praxis – ist leider sehr knapp
geraten, entsprechend vage bleiben die wirklichen
Zugangsmöglichkeiten und Wege zu Jugendlichen. Auch wird die
mögliche Sprengkraft sexualpädagogischer Angebote – wie die
aktuelle heftige Diskussion über die Inhalte von Schulbüchern in
manchen Regionen zeigt – nicht thematisiert. Entsprechend wünscht
man sich noch möglichst viele weitere Bände aus dieser Reihe.
Fazit
Das Buch ist verwendbar im Rahmen des Studiums der Sozialarbeit/
Sozialpädagogik in den ersten Semestern, da es wesentliche
Begrifflichkeiten prägnant und knapp erklärt und veranschaulicht.
Auch könnten aus der vorgestellten Studie im Rahmen eines Seminars
oder Projektes verschiedenartige Ansätze von Bildungsarbeit mit
Kindern und Jugendlichen erarbeitet werden.
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