Rezension zu Die Beziehung zwischen Text und Leser
Psyche, 69. Jahrgang, Heft 7, Juli 2015
Rezension von Wolfgang Martynkewicz
Lesen Sie hier Auszüge aus der Rezension:
»Dominic Angeloch hat es in seiner Studie über ›Die Beziehung
zwischen Text und Leser‹ unternommen, das umkämpfte Projekt der
psychoanalytischen Ästhetik in seinen zahlreichen Varianten, seinen
Wegen und Irrwegen nachzuzeichnen und neu zu justieren. Nach einer
Exposition des Themas beschäftigt er sich im zweiten Teil seiner
Arbeit mit dem, was er als ›traditionelle psychoanalytische
Ästhetik‹ (S. 14) bezeichnet, die ›Traum-Analogie‹, die im
kunsttheoretischen Diskurs der Psychoanalyse lange Zeit die Rolle
eines regulativen Sinnschemas spielte.«
»Das Problem der ›Traum-Kunstwerk-Analogie‹, so Angeloch, besteht
darin, dass Traum und Kunst oft gleichgesetzt werden, statt sie als
›Verhältnis‹ (S. 94) zu sehen. Die Traum-Analogie zeichnet den Weg
vor und definiert das Ziel. Für Angeloch kommen die Schwierigkeiten
des Ansatzes erst in der konkreten Anwendung zum Vorschein. So
könne man in der modernen Kunst kaum mehr verlässlich zwischen
latentem und manifestem Sinn, zwischen Oberfläche und Tiefe,
unterscheiden (S. 110).«
»Im dritten Teil kommt mit der ›Gegenübertragungsanalyse‹ ein
Ansatz zur Sprache, der, so Angeloch, einen ›Paradigmenwechsel‹ (S.
191) in der psychoanalytischen Ästhetik eingeleitet hat. Als
Verfahren zur Interpretation von Kunstwerken etablierte sich die
Gegenübertragungsanalyse Mitte der 1970er Jahre zunächst in den
Literaturwissenschaften.«
»Im vierten und letzten Teil seiner Studie macht Angeloch die Probe
aufs Exempel. In einer Lektüre von Flauberts ›Éducation
sentimentale‹ wendet er das Instrumentarium der
Gegenübertragungsanalyse praktisch an. Angeloch geht der Frage
nach, warum es der ›Éducation‹ gelingt, den Leser ›bei der Stange
zu halten‹, obwohl der Roman, von der Handlung und vom
Protagonisten her gesehen, ziemlich spannungslos ist.«
»Es gehört zu den Verdiensten dieser Arbeit, den Blick des Lesers
immer wieder auf die Anfänge der psychoanalytischen Ästhetik bei
Freud zu lenken und auf die vielfach überraschende Aktualität der
Texte hinzuweisen. Das gelingt Angeloch vor allem dadurch, dass er
die Kunstbetrachtungen Freuds im Gang der Darstellung immer wieder
einblendet und sie aus einer neuen Perspektive zeigt. So wirft die
spätere Entwicklung Licht auf den Ausgangspunkt.«
Die vollständige Besprechung finden Sie im digitalen
Klett-Cotta-Archiv der Psyche:
www.volltext.psyche.de