Rezension zu Intergeschlechtlichkeit
an.schläge. das feministische Magazin III 2015
Rezension von Philippa Schindler
Paradigmenwechsel
Dieses Buch ist unbedingt notwendig. Und zwar deshalb, weil
geschlechtliche Diversität durch den Zwang zur
Zweigeschlechtlichkeit wegnivelliert wird – durch fremdbestimmte
Zuweisung, chirurgische Eingriffe und die medizinische
Definitionshoheit über Geschlecht. Manuela Tillmanns,
Sexualwissenschaftler_in und Autor_in, greift die Forderung der
Inter*-Verbände nach einem Ende der »Optimal Gender Policy« auf.
Mithilfe von Selbstdarstellungen und Expert_innen-Interviews
erarbeitet Tillmanns in ihrem Buch einen emanzipatorischen Ansatz
für inter*-spezifische Beratungsangebote. Dabei gilt: Die
Beratungen müssen die grundlegende Pathologisierung ablehnen und
Inters* »als Menschen mit individuellen Interessen, Vorlieben,
Erfahrungen und Lebensrealitäten wahrnehmen«. Etwas, das in
medizinischen Institutionen längst noch keine
Selbstverständlichkeit ist. Mit ihrem Vorschlag,
Inter*-Kompetenzzentren aufzubauen und schon in Kliniken
sozialpsychologische und gendersensible Beratungsteams
bereitzustellen, gibt die Autor_in neue Impulse. Und erinnert
daran, dass Intergeschlechtlichkeit kein medizinischer, sondern vor
allem ein gesellschaftlicher Handlungsort ist.
Philippa Schindler