Rezension zu Kinderschutz in der frühen Kindheit (PDF-E-Book)

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Rezension von Armin Eberli

Edelhard Thoms, Ludwig Salgo u.a.: Kinderschutz in der frühen Kindheit

Thema
Mit dem am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Bundeskinderschutzgesetztes (BKiSchG) definiert der Bundesgesetzgeber Frühe Hilfen im neuen §1 Abs. 4 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) erstmals per Gesetzt. (S. 7) Im vorliegenden Buch präsentieren die Autorinnen und Autoren handlungsleitende Überlegungen zum Kinderschutz für die Altersklasse 0 bis 3 Jahre.

AutorInnen
Dr. med. Edelhard Thoms, Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Psychoanalyse, Traumatherapie (DeGPT), Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Parkkrankenhaus, Leibzig.

Prof. Dr. Ludwig Salgo, lehrte bis zu seinem Ruhestand Familien- und Jugendrecht an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Für das Bundesverfassungsgericht, den Bundestag und Ministerien war er als Gutachter tätig. 2012 erhielt er das Bundesverdienstkreuz erster Klasse.

Dr. jur. Katrin Lack, ist Richterin (Landgericht Frankfurt am Main) und promovierte zu »Möglichkeiten der Gesetzgebung zur Effektivierung des Kindesschutzes«.

Entstehungshintergrund
Beim vorliegenden Buch handelt es sich um die Deutsche Bearbeitung der Schweizerischen Originalfassung von Monika Mahrer, Peter Meier, Maria Mögel, Fernanda Pedrina, Esther Ryf und Heidi Simoni. »Die formulierten Grundsätze für die Kinderschutzarbeit in der frühen Kindheit sind in der Tradition der GAIMH (German-Speaking Association for Infant Mental Health bzw. Gesellschaft für seelische Gesundheit in der frühen Kindheit) als Beitrag zur Diskussion im gesamten deutschsprachigen Raum gedacht«. (S. 13)

Aufbau und Inhalt
Einleitend wird der Begriff der Frühen Hilfen definiert und die gemäß Bundeskinderschutzgesetzt (BKiSchG) verbindlichen Standards in der Kinder- und Jugendhilfe aufgeführt. Danach ist das Buch in 6 Kapitel unterteilt.

Kapitel 1 behandelt den »Kinderschutz in der frühen Kindheit« und thematisiert dabei die besonderen Schutzbedürfnisse von Säuglingen, aber auch deren Familie. Anhand einer Fallbeschreibung wird die Einschätzung des Gefährdungsrisikos beispielhaft als Prozess dargestellt. Am Beispiel des Freistaats Sachsen werden Kinderschutzstandards und der präventive Kinderschutz beschrieben. In diesem Zusammenhang wird, unter anderem, auf die Öffentlichkeitskampagne »Stoppt Gewalt gegen Kinder« des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz hingewiesen. Abschließend wird ein Überblick über die gesetzlichen Rahmenbedingungen geboten. Bezug genommen wird hier auf die gesetzlichen Grundlagen der Bundesrepublik Deutschland.

Im Kapitel 2 »Frühe Entwicklung verstehen und fördern« wird auf die Gefährdung bzw. Schutz des Kindeswohls eingegangen. Es wird versucht, den unbestimmten Rechtsbegriff der Kindesolgefährdung zu definieren. Die Dynamiken und Merkmale früher Entwicklung werden beschrieben. »Entscheidend für ein Kleinkind ist das, was es unmittelbar erlebt«. (S.31) Aufgrund dieser Erkenntnis erfolgt eine Auflistung von Aspekten, welche bei der Abklärung der Entwicklungsbedingungen eines Kindes insbesondere zu berücksichtigen sind. Im Folgenden geht es, im Hinblick auf die Einschätzung einer möglichen Kindeswohlgefährdung, um die Klärung von Risikobelastungen und das Erkennen von Symptomen und Störungen. Die Ausführungen werden wiederum mit der Beschreibung einer Praxissituation illustriert. Zum Schluss dieses Kapitels werden das Ressourcenorientierte Arbeiten und die Stärkung von Resilienz kurz thematisiert.

Kinderschutz ist eine multidisziplinäre Aufgabe. Um diesen Aspekt geht es im dritten Kapitel »Disziplinäre Fachkompetenzen und Zusammenarbeit«. Es werden die Tätigkeitsfelder im Frühbereich beschrieben und die Ausführungen mit einem Fallbeispiel veranschaulicht. Nachfolgend wird auf die verschiedenen bio-psycho-sozialen Angebote und Fachpersonen eingegangen. Weitere Themen sind die Aufgaben des Jugendamtes, die Datenweitergabe von Berufsgeheimnisträgern und das Familiengerichtliche Einschreiten gemäß §1666 Abs. 3 des BGB.

»Wirksamer Kinderschutz: Grundsätze und Bedingungen«. Unter diesem Titel steht das 4. Kapitel. Es wird darin auf das Spannungsfeld zwischen fachlicher Hilfe und Kontrolle eingegangen. Ein Spannungsfeld welches von den betroffenen Eltern häufig als Gegensatz erlebt wird. Nebst der Bedeutung der Früherkennung geht es in den Ausführungen insbesondere um die Vernetzung und Koordination unter den Fachstellen und um die sogenannten Gefährdungsmeldungen. Wiederum werden die Aussagen anschaulich mittels einer Fallschilderung illustriert.

Folgerichtig beschäftigt sich das 5. Kapitel mit der »Interventionsplanung«. Oft stellt sich zu Beginn eines Kinderschutzverfahrens die Frage nach einer Krisenintervention. Nachdem auf diese Sofortmaßnahme eingegangen wurde, werden die Fremdplatzierungen thematisiert, welche als solche für die betroffenen Säuglingen und Kleinkindern immer sehr belastend sind. Auch dieses Thema wird wiederum mittels einer Fallschilderung veranschaulicht. Wenn keine Kriseninterventionen und keine sofortige Platzierung angezeigt sind, ist die Erstellung eines Hilfeplanes unerlässlich. Zum Schluss des Kapitels wird auf die damit zusammenhängenden Interventionszyklen eingegangen.

Ins abschließende 6. Kapitel »Die Kunst interdisziplinärer Zusammenarbeit« wird mittels eines Fallbeispiels eingeführt. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Kinderschutz ist ein Muss. »Sowohl bei präventiven Maßnahmen als auch bei Interventionen, die zum unmittelbaren Schutz von Kindern erfolgen, (kommt) der interdisziplinären Zusammenarbeit eine wichtige Rolle zu«. (S. 83)

Nach einer ausführlichen Aufführung aller Quellen ist ein Anhang mit dem Wortlaut einzelner für den Kinderschutz in der Bundesrepublik Deutschland relevanter Normen angefügt.

Diskussion und Fazit
Das mit 120 Seiten eher schmale Buch bietet einen für die Kinderschutzarbeit wichtigen Beitrag. Es handelt sich, wie im Untertitel des Buches erwähnt, um einen wertvollen »Leitfaden für die Praxis«. Alle relevanten Themen im Bezug zum Kinderschutz in der frühen Kindheit werden gut verständlich und mit Fallschilderungen illustriert behandelt. Ein wichtiges Buch für alle die sich alltäglich mit dem Kinderschutz, insbesondere in der frühen Kindheit, befassen. Ein großer Verdienst der AutorInnengruppe ist es, dass das bisher eher vernachlässigte Thema des Schutzes von Säuglingen und Kleinkindern ins Bewusstsein der Akteurinnen und Akteure des Kinderschutzes Eingang findet.

Rezensent
Armin Eberli
Dozent, HF Agogis, Zürich

Zitiervorschlag
Armin Eberli. Rezension vom 05.03.2015 zu: Edelhard Thoms, Ludwig Salgo, Katrin Lack: Kinderschutz in der frühen Kindheit. Psychosozial-Verlag (Gießen) 2015. 110 Seiten. ISBN 978-3-8379-2466-4. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, http://www.socialnet.de/rezensionen/18301.php



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