Rezension zu Werke
HEP Informationen. Zeitschrift des Bundesverband Heilerziehungspflege in Deutschland e. V., Heft 1/2015
Rezension von Berthold Haas
Trieb und Tradition im Jugendalter, Werke, Band 7
Mit seinem Buch »Trieb und Tradition im Jugendalter«
veröffentlichte Siegfried Bernfeld 1931 seine wichtigste Arbeit auf
dem Gebiet der Jugendforschung. Die damals bekannteste
Jugendtagebuchforscherin war Charlotte Bühler, die sich im Kontext
ihrer Arbeiten zur Entwicklungspsychologie für diese
Selbstzeugnisse von Jugendlichen interessierte.
Bernfeld hingegen beschäftigten andere Fragen: Wie verbindet sich
der Prozess des Schreibens mit der tradierten literarischen Form
des Tagebuchs? Welchen Einfluss hat die soziale Verortung der
Jugendlichen auf die in den Texten gespiegelte Triebstruktur in der
Pubertät und im Jugendalter? Warum manifestiert sich die Verbindung
von »Trieb« und »Tradition« in einer besonderen Weise im
Jugendtagebuch?
Bernfeld interpretiert das Tagebuch als jugend- und
epochenspezifisches Instrument zur Selbstthematisierung im
Jugendalter. Er erweitert die Jugendpsychologie um den
kulturgeschichtlichen Ansatz, sodass hier ein frühes Dokument der
Ethnomethodologie vorliegt.
Siegfried Bernfeld, 1892–1953, war inspiriert durch die
Jugendbewegung, durch Gustav Wynekens Freie Schulgemeinde
Wickersdorf und die Anfänge der Psychoanalyse in Wien – ein
bahnbrechender Vertreter der modernen Theorie des Jugendalters und
Mitbegründer der Psychoanalytischen Pädagogik. Grundlage seiner
eigenen Forschungen zum Jugendalter war umfangreiches Material in
dem von ihm gegründeten »Archiv für Jugendkultur«.
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