Rezension zu Versuche zur Psychologie des nationalsozialistischen Terrors (PDF-E-Book)
Der Tagesspiegel am 16. Juni 2014
Rezension von Caroline Fetscher
Lesen Sie hier Ausschnitte aus dem Artikel »Federn lesen!«:
»Einer der couragiertesten Gewaltforscher war der Wiener
Psychoanalytiker Ernst Federn (1914–2007), dessen zentrale Texte
eben neu aufgelegt worden sind. Seine ›Versuche zur Psychologie des
nationalsozialistischen Terrors‹ (Psychosozial Verlag, Gießen)
versammelt ein von Roland Kaufhold exzellent edierter Band, der
Aufsätze des Überlebenden von Dachau und Buchenwald aus dem
Zeitraum von 1946 bis 1996 enthält, sowie neue Essays zu
Federn.«
»›Ich habe so lange so intensiv unter Gewalt gelebt‹, erklärte er,
›dass ich ohne ungebührlichen Narzissmus behaupten kann, dass ich
etwas von ihr verstehe.‹ Von 1938 bis 1945 war er als Antifaschist
und Jude in Lagerhaft. Am Leben erhalten hatte ihn das Urvertrauen
aus einer Kindheit, in der er gut behandelt wurde, der Optimismus,
mit dem er sich sagte: ›Sobald ich herauskomme, schreibe ich‹, und
das staunenswerte Fehlen von Hass, Bitterkeit und
Ressentiment.«
»Es ging Ernst Federn im Sinne von Adornos Studien zum autoritären
Charakter darum, zu erkunden, wie man Menschen so zur Mündigkeit
erzieht, ›dass sie nicht zu potentiellen Massenmördern
werden.‹«
»Federn erarbeitet die Ursachen der fatalen Dynamik von Tortur,
Gewalt, Zwangsarbeit, Hunger, Angst, Schmerzabwehr,
Kontrollverlust, Rache und Verrat, die das Lagersystem ausmachten,
und die psychischen Methoden des Terrors, zu denen das Wecken und
Enttäuschen von Hoffnung zählen, vor allem aber das Erzeugen von
Angst. Wo immer derzeit Terror wütet, lassen sich Federns
Erkenntnisse analytisch anwenden.«
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