Rezension zu Veränderungspotenziale in Krankenhausorganisationen

Dr. med. Mabuse. Zeitschrift für alle Gesundheitsberufe Nr. 211 September/Oktober 2014

Rezension von Nadja Rakowitz

María Crojethovic, Thomas Elkeles u. a.
Veränderungspotenziale in Krankenhausorganisationen
Formalität und Informalität in nordostdeutschen Krankenhäusern

María Crojethovic und KollegInnen haben Beschäftigte aus dem ärztlichen und Pflegebereich zum Umgang mit aktuellen Problemen der Krankenhausorganisation befragt. Im Rahmen eines Lehrforschungsprojekts der Hochschule Neubrandenburg sollte erforscht werden, inwiefern informelle Initiativen zur Lösung der organisatorischen Probleme herangezogen werden.

Das Buch ist in sechs Kapitel aufgeteilt: Im ersten Kapitel werden theoretische Reflexionen zur Organisationssoziologie angestellt. Kapitel 2 und 3 stellen die Krankenhaussituation allgemein sowie unter DRG-Einfluss dar und diskutieren diese. Kapitel 4 widmet sich der Methodik der Studie. Im fünften und weitaus umfangreichsten Kapitel werden die Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Befragung dargestellt, die in Kapitel 6 kurz zusammengefasst werden.

Ausgangspunkt der Studie waren die Ökonomisierungsprozesse in den Krankenhäusern während der letzten Jahre. Diese haben durch die Einführung der DRGs und durch die Zunahme der Konkurrenz untereinander noch einmal einen Schub erfahren. Die empirische Untersuchung basiert auf der Annahme, dass diese – zu Arbeitsverdichtung und Personalmangel führenden – Rahmenbedingungen informelle Initiativen in Krankenhäusern auslösen können. Die AutorInnen sollten mit ihrer Annahme Recht behalten: Es zeigte sich, dass die Krankenhausorganisation beziehungsweise die Versorgung der PatientInnen zum Teil ohne solcherlei Initiativen kaum noch aufrechtzuerhalten wäre. Die Initiativen lassen sich in »legale«, »illegale« und »prekäre« klassifizieren.

Da die AutorInnen im Vorfeld ihrer Erhebungen die Erfahrung gemacht hatten, dass Informalität mit individuellen Vorschriftsverstößen, also mit Illegalität, assoziiert wurde, verzichteten sie bei der Befragung darauf, diese offen zu benennen. Stattdessen fragten sie in zwei Schritten nach Veränderungspotenzialen: Zunächst wurde eine anonyme quantitative Erhebung durchgeführt. Die am häufigsten genannten Probleme waren Zeit- und Personalmangel, gefolgt von zu vielen bürokratischen Regelungen und einem Mangel an Wertschätzung. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen ärztlichem und Pflegepersonal, aber auch zwischen verschiedenen Statusgruppen innerhalb der beiden Berufe und zwischen Beschäftigten in Krankenhäusern mit unterschiedlicher Trägerschaft erfuhren Berücksichtigung.

Im zweiten Schritt wurden die Ergebnisse thematisch sortiert und zur Grundlage der qualitativen Erhebung gemacht, um so das Feld für die hochsensible Frage nach informellen Initiativen zu eröffnen. Und hier offenbarte sich dann das ganze Elend aktueller Arbeitsbedingungen in ökonomisierten Krankenhäusern: Das zentrale Problem, der Kostendruck und der dadurch entstandene Personalmangel, erschwert gute Arbeit und gute Versorgung von PatientInnen sowohl bei ÄrztInnen als auch bei PflegerInnen in extremem Maße.

Zitate und Tabellen verdeutlichen, wie sowohl Beschäftigte als auch Leitungskräfte versuchen, mit Initiativen aller Art die Versorgung aufrechtzuerhalten – durch Mehrbelastung der Beschäftigten und zum Teil sogar unter Inkaufnahme der Gefährdung von PatientInnen.

Dieses etwas sperrig betitelte Buch ist allen LeserInnen zu empfehlen, die empirisch gesättigt gegen die Ökonomisierung des Gesundheitswesens argumentieren wollen.

Nadja Rakowitz, Geschäftsführerin des Vereins demokratischer Ärztinnen und Ärzte, Maintal

www.mabuse-verlag.de

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