Rezension zu David Cronenberg

Ray. Filmmagazin 03/14

Rezension von Senad Halilbasic

David Cronenberg
Das Werk des Regisseurs aus psychoanalytischer Sicht

Das Cinema Quadrat in Mannheim hat sich bereits seit längerer Zeit einen guten Ruf in der interdisziplinären Vermittlung von Psychoanalyse und Filmtheorie aufgebaut. Nach Filmemachern wie Pier Paolo Pasolini und Darren Aronofsky widmeten sich die teilnehmenden Vortragenden im März 2013 dem kanadischen Regisseur David Cronenberg. Dass dieser ein idealer Filmemacher für den filmwissenschaftlichpsychoanalytischen Diskurs ist, sieht man nicht erst in seinem unterschätzten Film »A Dangerous Method« (2011), der sich der (stark fiktionalisierten) Beziehung zwischen C.G. Jung, Sigmund Freud und Sabina Spielrein widmet. Ein Blick in die frühen »Body Horrors« Cronenbergs offenbart schon sein Interesse für die Visualisierung unterdrückter menschlicher Haltungen und Wünsche analog zur Psychoanalyse, die wiederum das sprachliche Artikulieren im Mittelpunkt hat.

Manfred Riepe zeigt beispielsweise anhand von »The Brood« (1979) auf, welche Parallelen zwischen der Sprech-Kur der Freudschen Psychoanalyse und den Methoden des Therapeuten (oder besser: Sektenführers) Hal Raglan bestehen. Christiane Mathes schlägt die logische Brücke zwischen »Videodrome« (1983) und »eXistenZ« (1999) und interpretiert die Verschränkungen von Psyche und Maschine in beiden Filmen als wortwörtliche Verwendungen des Begriffs »machine désirante« nach Deleuze und Guattari. »eXistenZ« ist auch Analysegegenstand in Helmut Däukers von Lacan und Freud inspiriertem Beitrag. Däuker interessiert sich insbesondere für die virtuelle Erzeugung jeglicher Freude und Lust in dem gleichnamigen Spiel im Film und resümiert: »Ein wiederholt in Cronenbergs Filmen auftauchendes Motiv (…) ist die obsessive, letztlich immer scheiternde Suche nach etwas, das Mehr-Lust, Mehr-Erregung und Mehr-Befriedigung verschaffen soll als ein normaler Körper mit normaler sinnlicher Ausstattung jemals ermöglichen könnte.« Angelika Zitzelsberger-Schlez schlüsselt die Ununterscheidbarkeit zwischen Realität und Innenwelt in »Spider« (2002) auf.

Die Filmemacherin Signe Mähler problematisiert in einem kritischen Gastbeitrag die Darstellung der Sabina Spielrein in »A Dangerous Method«. Stefan Hinz sieht in Cronenbergs jüngstem Film »Cosmopolis« (2012) sowie in dessen gleichnamiger Romanvorlage weniger die offensichtliche Kapitalismuskritik, als vielmehr die Beschreibung einer selbstzerstörerischen narzisstischen Krise. Dass viele Filme nicht näher befragt werden und man bei einigen der zehn Beiträge allzu oft das Gefühl hat, die Texte würden nur an der offensichtlichen Oberfläche der Filme kratzen, ist einerseits an der Kürze mancher Beiträge festzumachen, aber andererseits auch an Cronenbergs thematisch komplexem und filmografisch reichem Schaffen selbst. Es verdient viele weitere Publikationen.

Senad Halilbasic

www.ray-magazin.at

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