Rezension zu Supervision
HEP-Informationen 1/2014 (Berufsverband Heilerziehungspflege in Deutschland)
Rezension von Dr. Ulf-Henning Janssen
Supervision, Traditionslinien und Praxis einer reflexiven
Institution
Das Buch »Supervision, Traditionslinien und Praxis einer reflexiven
Institution«, führt in einen Gegenstand ein, der in der
Vergangenheit eher janusköpfig betrachtet wurde, galt doch die
Supervision den einen eher als reine Psychotechnik, den anderen als
eine Form des Coachings. Dass dem nicht so ist, zeigt Katharina
Gröning mit ihrem neuen Werk. Ausgehend von der Geschichte zeigt
die Autorin, dass die Supervision ihren Ausgangspunkt in der
Professionalisierung sozialer Arbeit findet, und zwar schon sehr
früh. Ihre ersten Anfänge finden sich übrigens schon in London
im Jahre 1883, wo der Armenpfarrer Barnett begonnen hatte, mit
seinen ehrenamtlichen Helfern Vieraugengespräche zu führen, die
er Supervision nannte. Schon damals bezeichnete er als Ziele dieser
Gespräche, die Erfahrungen und Erlebnisse seiner Mitarbeiter zu
reflektieren, um darüber zu mehr Distanz zu den Strukturen,
Umständen, Feldern und Personen zu gewinnen. Selbstverständlich
hat diese frühe Form noch recht wenig gemein mit dem, was heute
unter dem Begriff Supervision verstanden wird. Dennoch belegt
dieses frühe Beispiel, dass eine professionelle soziale Arbeit
immer der Reflexion bedarf. Die weitere Entwicklung der Supervision
hin zum aktuellen Verständnis dieses Begriffes liegt die Autorin
ausführlich dar. Bei allem aber gilt: Supervision ist eben
untrennbar mit der Geschichte der sozialen Arbeit auch in
Deutschland verbunden. Dass Supervision nicht nur den Helfern
nützt, sondern immer auch den Kunden der sozialen Arbeit wird
ebenfalls an Beispielen belegt.
Um über die Anstaltskultur der sechziger Jahre hinwegzukommen und
damit den Abschied von der totalen Institution einzuläuten, war es
notwendig, zum einen professionell den neuen sozialstaatlichen und
rechtstaatlichen Prinzipien zur praktischen Durchsetzung zu
verhelfen, zum zweiten eine Reform des Alltags herbeizuführen und
zum dritten, jene Gruppen und Milieus, die Klientel der sozialen
Arbeit waren und bislang vor allem bewahrt, kontrolliert und
entmündigt wurden, nunmehr zu integrieren. An diesem
richtungsweisenden Prozess hat Supervision einen erheblichen
Anteil, wie die Autorin zeigt. Was aber ist Supervision heute und
was kann sie wirklich leisten? Die sozialwissenschaftlich
begründete Methode verfügt, wie die Autorin eindrucksvoll zeigt,
über ein anspruchsvolles Instrumentarium, um persönliche,
institutionelle und gesellschaftliche Zusammenhänge in Beruf und
Organisation zu analysieren und zu verstehen. Nicht zuletzt aus
diesem Grund gibt die Verfasserin der Reflexion des Helfers in der
sozialen Arbeit besonders breiten Raum.
Aber auch das Verhältnis zu den diversen Schulen und Konzepten der
Beratungspraxis wird erfreulich umfassend dargelegt. Zugleich
stellt sie die Supervision immer auch unter die
Beratungswissenschaftliche Perspektive. Dies ist deshalb so
bedeutsam, weil die Beratungswissenschaft als neue Disziplin, die
inzwischen an mehreren Universitäten vertreten ist, ihrerseits
wichtige Impulse in Richtung Supervision gibt. Katharina Gröning
hat damit ein Werk vorgelegt, das den aktuellen Stand der
Supervision in ihrer ganzen Bandbreite darstellt und dabei auch,
nicht nebenbei, mit manchen Vorurteilen und Fehlvorstellungen
aufräumt, die immer noch gerne mit diesem Begriff verbunden
werden. Wer sich mit Supervision befasst, sei es als Lernender,
Ausübender oder einfach nur als Teilnehmer, wird an diesem Buch
nicht vorbei kommen.
Gröning, Katharina: Supervision. Traditionslinien und Praxis einer
reflexiven Institution
www.berufsverband-hep.de