Rezension zu Trauma (PDF-E-Book)
HEP-Informationen 1/2014 (Berufsverband Heilerziehungspflege in Deutschland)
Rezension von Dr. Ulf-Henning Janssen
Trauma
»Trauma«, ein Begriff, der längst die Umgangssprache erreicht hat.
Was dieser Begriff jedoch genau meint und welche Zugänge und
Therapiemöglichkeiten es für traumatisierte Menschen gibt, das
wird in diesem ebenso kompetenten wie erfreulich handlichen Buch
von Mathias Hirsch, ausgewiesenem Fachmann für dieses Thema,
umfassend dargestellt. Nach einem Ausflug in die Geschichte
psychoanalytischer Traumakonzepte, in der der Bogen vom frühen
Freud über das ich-psychologische Traumakonzept bis hin zum
Pionier der psychoanalytischen Psychotraumatologie gespannt ist,
wird der Begriff »Trauma« in der heutigen Psychoanalyse
ausführlich erläutert. Insbesondere wird der Gegensatz zwischen
der Akuttraumatisierung und der chronisch-familiären Traumata
dargelegt.
Dabei verkennt der Autor nicht die oft unbeachtete Möglichkeit der
sequenziellen Traumatisierung. Gemeint ist damit, dass eine akute
Traumatisierung auf einen Menschen treffen kann, der eine lange
zurückliegende Traumatisierung gerade eben in der Latenz halten
konnte, die nun aber aktualisiert wird, so dass beide potenzierend
aufeinandertreffen. Nur so, darauf weist Hirsch zurecht hin, könne
man dem Patienten gerecht werden. Gerade auch das Kapitel zur
transgenerationalen Weitergabe traumatischer Erfahrungen, ein
Thema, welches in anderen Büchern gerne umgangen wird, wird hier
umfassend dargestellt. Angesichts einer Welt, in der Gewalt nicht
abnimmt und selbst eigentlich unwiederholbare Geschichte immer
wieder von neuem stattzufinden scheint, stellt dies ein
wesentliches Thema in der Arbeit mit Menschen dar, bei denen die
Ursache für ihr Trauma in ihrer eigenen Biografie nicht zu finden
ist. Diese »verbotenen Türen« erkennen zu können und richtig
damit umzugehen, gehört denn auch zu den großen Herausforderungen
in der sozialen wie therapeutischen Arbeit. Nebenbei zeigt der
Autor damit auch, dass schon unsere Vorväter viel
psychoanalytisches Verständnis besaßen, wird doch sogar im Alten
Testament diese Problematik ausdrücklich benannt.
Einen breiten Raum nimmt naturgemäß die psychoanalytische Therapie
mit traumatisierten Patienten ein. Der Phasenverlauf der Therapie
wird dargestellt, ohne dabei zu behaupten, es gebe
allgemeingültige Regeln hierfür. Dafür ist die Patientengruppe
schlicht zu uneinheitlich. Dennoch lässt sich, so der Autor, die
Therapie in drei Phasen unterteilen, die entsprechend ausführlich
dargelegt werden. Beispiele aus der therapeutischen Praxis
untermauern dies. Da das Buch aus psychoanalytischer Sicht
geschrieben wurde, ist dem Thema Übertragung und Gegenübertragung
selbstverständlich ein eigenes Kapitel gewidmet, stellt dies doch
ein zentrales Phänomen der psychoanalytischen Therapie dar. Die
aktive Psychotherapie mit traumatisierten Patienten sowie deren
Behandlung in der analytischen Gruppenpsychotherapie stellen
weitere Kapitel des Werkes dar. Gerade letzteres Verfahren hat sich
in der Behandlung von traumatisierten Menschen als sehr erfolgreich
erwiesen und damit ausdrücklich bewährt. Dies deshalb, weil
Eigenschaften und Defekte bestimmte Patienten zu problematischen
Gruppenmitgliedern machen, paradoxerweise genau die sind, die in
der Gruppe am besten behandelt werden können. Gemeint sind hierbei
insbesondere Egozentrismus, soziale Isolation und Rückzug sowie
sozial deviantes Verhalten. Dieses Buch kann jedem empfohlen
werden, der sich mit dem Begriff »Trauma« auseinandersetzen
möchte: Als selbst Betroffener ebenso wie als Angehöriger aber
natürlich auch als derjenige, der sich in helfenden Berufen immer
wieder mit Traumatisierungen und ihren Folgen konfrontiert sieht
und darauf angemessen reagieren muss. Kurz, prägnant und kompetent
geschrieben reizt das Buch geradezu dazu, es nicht mehr aus der
Hand zu legen.
Hirsch, Mathias: Trauma. Buchreihe: Analyse der Psyche und
Psychotherapie
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