Rezension zu Patient Scheidungsfamilie (PDF-E-Book)
Beratung Aktuell 3/2013
Rezension von Dr. Rudolf Sanders
Helmuth Figdor
Patient Scheidungsfamilie
Ein Ratgeber für professionelle Helfer
Bei der Veröffentlichung handelt es sich um eine Zusammenstellung
von Vorträgen des Autors im Laufe der letzten Jahre. Das hat den
Vorteil, dass sich der Leser direkt angesprochen fühlt. Alle Themen
basieren auf einem tiefenpsychologisch psychoanalytischen
Verständnis der Entwicklungsgeschichte eines Menschen. Im
Vordergrund steht die Bedeutung, die das Auseinanderfallen von
Familien für die Kinder hat und welche Möglichkeiten einer
Abfederung der frühen traumatischen Erfahrungen es für diese gibt.
So weist der Autor z. B. darauf hin, dass es wenig bringt, über das
Wohl der Kinder mit strittigen Eltern zu verhandeln, wenn es einem
als Berater nicht möglich wird, zu den verletzten »inneren Kind«
des jeweiligen Erwachsenen Zugang zu finden. Daraus leitet er auch
ab, dass Mediation keine Alternative zu einer pädagogischen
Beratung der Eltern sein kann, um die Entwicklungschancen von
Kindern nach Trennung oder Scheidung der Eltern zu sichern. Denn um
denen die Situation und das Verhalten des Kindes verstehbar zu
machen sozusagen Übersetzungsarbeit zu leisten gilt es, diesen Raum
für ihre eigenen Gefühlsprobleme zur Verfügung zu stellen, um damit
die Eltern Kind Interaktion wenigstens etwas zu entlasten. Denn
kommt eine Entspannung in die Beziehung der Eltern, d. h. nicht
dass man mit ihnen eine Paartherapie machen muss, wird es leichter
möglich, dass die Kinder ihre Beziehung zu beiden Eltern ohne
Schuldgefühle und Angst leben können.
Mich hat das Buch sehr bereichert, bietet es doch eine Fülle
unterschiedlicher Aspekte dieses Themas etwa die Kritik
herkömmlicher Sachverständigen Praxis oder Ausführungen über die
Psychodynamik hochstrittiger Elternpaare. Auch interessant sind die
Erwartungen von Kindern und Jugendlichen, was sie sich im Prozess
von Trennung und Scheidung von ihren Eltern wünschen. Sie mögen vor
allen Dingen keine starken Affektausbrüche jegliche Art. Das
bedeutet z. B. dass die Kinder nicht wollen, dass ihre Eltern
haltlos vor ihnen weinen, was sie damit begründen, dass sie dann
dadurch ein schlechtes Gewissen bekommen.
Ich kann dieses Buch allen Kolleginnen und Kollegen die mit Paaren
bzw. Familien arbeiten wärmstens empfehlen. Es bietet durch die
Lektüre eine hervorragende Weiterbildung zum psychodynamischen
Verständnis dessen, was bei Eltern und Kindern in
Trennungssituationen geschieht und welche Konsequenzen dies für
eine professionelle Begleitung hat.
Dr. Rudolf Sanders