Rezension zu Psychodynamische Beratung in pädagogischen Handlungsfeldern
HEP Informationen Berufsheilerziehungspflege in Deutschland e.V. 4/2013
Rezension von Ulf-Henning Janssen
Psychodynamische Beratung in pädagogischen Handlungsfeldern
Auf einmal nicht mehr weiter wissen: Sicher eine schreckliche
Vorstellung. Um wie viel mehr gilt das, wenn Helfer in der sozialen
Arbeit an diesen Punkt kommen. Das Eingeständnis eigenen
Unvermögens stellt sicherlich eine der größten Herausforderungen
im pädagogischen Feld dar. Wenn dieser Schritt jedoch getan werden
konnte, ist Unterstützung von außen gefordert, die wirksam helfen
kann, den Prozess der sozialen Arbeit wieder voranzubringen und
erfolgreich zu einem Abschluss zu führen. Beratung ist hier also
eine Dienstleistung, die auch im pädagogischen Bereich zunehmend
an Bedeutung gewinnt.
Angesichts der nahezu unüberschaubaren Anzahl von beraterischen
Haltungen und Konzepten stellt Orientierung eine unverzichtbare
Größe dar, um Möglichkeiten und Grenzen der jeweiligen Ansätze
vorab kennenzulernen und einschätzen zu können, welcher Weg im
jeweiligen Einzelfall der zielführende sein kann. Einer dieser
Ansätze, der psychodynamische Beratungsansatz, zählt zu den
bewährten Methoden. Als Band 41 seiner Reihe »Psychoanalytische
Pädagogik« legt der Psychosozial-Verlag den Band »Psychodynamische
Beratung in pädagogischen Handlungsfeldern« vor, der sich diesem
Beratungsansatz umfassend annähert. Im vorliegenden Band geben
namhafte Autorinnen und Autoren Einblicke in das
Selbstverständnis, die aktuelle Forschung und die Praxis der
psychodynamischen Beratung in pädagogischen Handlungsfeldern.
Sowohl individuelle als auch institutionelle Aspekte von
Problemkonstellationen werden beleuchtet und der Umgang damit
erörtert.
Anschaulich aufbereitete Praxisbeispiele aus den Bereichen Schule,
Kinder- und Jugendhilfe sowie der Weiterbildung vervollständigen
die aktuelle Bestandsaufnahme. Und natürlich nimmt auch die Frage
der Wirksamkeit der psychosozialen Beratung entsprechenden Raum
ein. Erfreulicherweise geht das Werk aber auch auf eine weitere
zentrale Frage ein, die nicht selten und gerne übergangen wird –
die Frage der institutionellen Abwehr im Kontext der
Organisation.
Dieser Aspekt ist durchaus zentral, weil die beste Beratung
erfolglos bleiben muss, wenn die Organisation, innerhalb derer die
Beratung stattfindet, nicht ihrerseits bereit ist, die Ergebnisse
zu akzeptieren und auch umzusetzen. Dieser Gesichtspunkt wird gerne
unterschlagen. Allzu oft reduziert sich der Beratungsprozess auf
die Frage, was an der vielzitierten Basis verändert werden muss.
Da wird der Mitarbeiter möglicherweise fokussiert wie
selbstverständlich der Kunde und sein Umfeld. Die Organisation als
Ganzes ist darüber selbstverständlich erhaben; Änderungsbedarfe
gibt es hier naturgemäß nicht. Dieser, in der Psychoanalyse als
Abwehr bekannter Mechanismus, wirkt tief in den Beratungsprozess
hinein und muss als solcher erkannt werden, um wirksam gegensteuern
zu können. Es gibt, das zeigen die Autoren, auch in derartigen
Situationen Möglichkeiten, den Beratungsprozess im Rahmen einer
psychodynamischen Beratung erfolgreich durchzuführen. Umso
erfreulicher, dass das vorliegende Werk sich auch dieser
Fragestellung nicht entzieht.
Ein Werk also, das lohnt. Wer sich intensiver mit Fragen der
Beratung in helfenden Berufen befassen möchte, wer erwägt eine
Zusatzqualifikation im Bereich Beratung zu erwerben oder wer im
Rahmen seiner Arbeit feststellt, dass Beratung benötigt wird, für
den ist dieses Buch eine echte Hilfe.
Schnoor, Heike (Hrsg.), Psychodynamische Beratung in pädagogischen
Handlungsfeldern
www.berufsverband-hep.de