Rezension zu Cinépassion Reloaded (PDF-E-Book)
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Rezension von Denis Sasse
Cinépassion & Der Soundtrack unserer Träume
Zwei Neuerscheinungen im Psychosozial-Verlag.
Unterbewusstes Filmvergnügen in Buchform gibt es gleich zweimal aus
dem Psychosozial-Verlag. Mit zwei Neuerscheinungen widmet man sich
Phänomenen der unterschwelligen Psychoanalyse. Yvonne Frenzel Ganz
und Markus Fäh (Hg.) haben mit »Cinépassion Reloaded« eine
psychoanalytische Filmrevue (wie auch der Untertitel lautet)
veröffentlicht, während Konrad Heiland und Theo Piegler (Hg.) sich
weniger mit den laufenden Bildern, als mit deren musikalischer
Untermalung beschäftigt haben: »Der Soundtrack unserer Träume.
Filmmusik und Psychoanalyse«.
Im zweiten Band des Züricher Filmprojekts »Cinépassion« widmen sich
die Autoren dem verborgenen, unbewussten Sinn einer Filmhandlung,
die mit einer intuitiven, psychoanalytischen Deutung einhergeht.
Das Projekt beschäftigt sich dabei sowohl mit Filmklassikern aus
verschiedensten zeitlichen Epochen (Clockwork Orange, Babel, Mystic
River), als auch mit weniger bekannten Werken. So schreibt Hans
Peter Bernet über den spanischen 1995er Film »La flor de mi
secreto« (»Mein blühendes Geheimnis«) von Pedro Almodóvar,
Alexander Moser über »Mein Körper – mein Feind« der 1978 unter der
Regie von Rainer Werner Fassbinder entstanden ist, ebenso wie Filme
von Michael Haneke, Frederico Fellini, Quentin Tarantino, Martin
Scorsese oder Wong Kar-Wai thematisiert werden. So unbekannt manch
ein Filmwerk erscheinen mag, so bekannt ist doch die Auswahl an
Filmemachern, deren Filme hier tiefergehend analysiert werden
sollen. Darin besteht die Hauptleisung von Cinépassion: es ist eine
Sammlung von äußerst detailliert-lesenswerten Filmanalysen und
Interpretationen, ein Querschnitt durch die Filmgeschichte.
In der zweiten Veröffentlichung »Der Soundtrack unserer Träume«
wird die Filmmusik als wichtigstes Element zur Entwicklung der
emotionalen und ästhetischen Wirkung eines Films dargestellt, was
sie unbestreitbar auch ist, das haben bereits viele andere
Filmemacher und Publikationen zuvor klargestellt. Hier widmet man
sich ausführlich der Untersuchung von Kompositionen, von Wirkung
der Musik, aber auch der Stille, die auf ihre ganz eigene Art und
Weise ebenfalls zum Soundtrack eines Films beitragen kann. Im Film
symbolisiert und vermittelt selbst die Lautlosigkeit noch eine
Emotion, ein Bild.
Die Publikation selbst ist dabei recht spielerisch gestaltet. Ganz
im Sinne einer musikalischen Aufführung, beginnt es hier nicht mit
der literarisch-typischen Einleitung, sondern mit einer
geschriebenen Ouvertüre von Konrad Heiland, bevor Mathias Hirsch
mit einigen Gedanken zur Wirkung und Funktion von Musik im Film
fortführt: Musik erzeugt und verstärkt Gefühle, Musik repräsentiert
die Kultur im Film und Musik vermittelt den diskordanten Sinn.
Schnell macht sich also bemerkbar, dass die Musik im Film nicht nur
zur Untermalung dient, das hätte man auch niemals angenommen, aber
die Wirkungsweisen erscheinen doch so zahlreich, dass die eine oder
andere Erkenntnis doch noch zu überraschen weiß. Um noch ein wenig
mehr auf die Stille im Film einzugehen, hat Johannes Hirsch einen
ganzen Text um dieses Phänomen verfasst, denkt in diesem aber aus
dem Film hinaus in das Umfeld des Zuschauers, welches ebenso zum
Filmerlebnis beiträgt. Dementsprechend thematisiert er über die
Stille im Film hinaus auch die Stille im Kinosaal, wenn eine große
Gruppe von Menschen verstummt, um sich einem kulturellen Ereignis
hinzugeben.
Weiterhin ist ein Text der aus Ludwigshafen stammenden
Musikwissenschaftlerin Helga de la Molte-Haber der Notwendigkeit
der musikalischen Begleitung des Stummfilms gewidmet, während
weitere zahlreiche Beiträge die Musik mit dem Unheimlichen
verbinden, die Musik als erzählendes Element eingeordnet wird oder
zur filmischen Raumdarstellung, auch für alternative Realitäten zum
Tragen kommt. Über solcherlei theoretische Essays aus
unterschiedlichen Perspektiven hinaus, befinden sich am Ende des
Buches noch zwei besondere Beiträge: ein persönlicher Bericht aus
einer Kompositionswerkstatt sowie ein Interview mit der Musikerin
und Komponistin Christina Fuchs, die über die Vertonung eines
Dokumentarfilms erzählt.
Damit hat der Psychosozial-Verlag einen wunderbaren Rundumschlag an
Veröffentlichungen geschaffen, die sich mit nicht unbedingt
bewussten filmischen (bzw. musikalischen) Wahrnehmungswelten
auseinandersetzen.
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