Rezension zu Lebensgeschichten rechtsextrem orientierter Mädchen und junger Frauen

Forschungsjournal NSB, 3/2005

Rezension von Oliver Geden

Analysen des bundesdeutschen Rechtsextremismus gruppieren sich, vor allem wenn sie Einstellungs- und Verhaltsmuster Jugendlicher beziehungsweise junger Erwachsener zum Gegenstand haben, im wesentlichen um zwei Pole. Entweder werden entsprechende Phänomene über Zugange zu Biographien und Lebensweiten erschlossen, oder aber über ihre genuin politische Dimension. Der Göttinger Sozialwissenschaftlerin Michaela Köttig gelingt es in ihrer qualitativ-empirischen Studie, beide Perspektiven miteinander zu verbinden.

Köttigs Forschungsinteresse richtet sich auf den Einfluss, der biographischen Erfahrungen bei der Entwicklung rechtsextremer Orientierungen und Handlungspotenziale zukommt. Zu diesem Zweck rekonstruiert sie – auf Basis mehrmonatiger teilnehmender Beobachtungen – Interaktionsprozesse in einer rechten Jugendclique und führt biographisch-narrative Interviews mit rechtsextrem orientierten Mädchen und jungen Frauen durch, wobei sich die Auswertung des empirischen Materials durch ein hohes Maß an gesellschaftswissenschaftlicher Kontextualisierung auszeichnet. Die Autorin vermag überzeugend herauszuarbeiten, in welch hohem Maße das politische Engagement der von ihr untersuchten Mädchen und Frauen mit deren jeweiliger Lebens- und Familiengeschichte verknüpft sind. Köttig begeht dabei nicht den Fehler, fremdenfeindliche Einstellungen und rechtsextreme Handlungsweisen in politischer Hinsicht zu ›relativieren‹. Ihre Studie schärft vielmehr den Blick für eine Dimension, die in Analysen politischen Engagements häufig vernachlässigt wird – und das nicht nur in Untersuchungen zum Rechtsextremismus.

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