Rezension zu Das Babel des Unbewussten
Psyche 9+10/2013
Rezension von Bettina Lindorfer
Lesen Sie Auszüge aus der Rezension:
»Auf der zentralen Bedeutung von Sprache und Sprechen für die
Psyche hat Freud seine Theorie und noch viel mehr seine Behandlung
aufgebaut. Doch obwohl die Psychoanalyse seit ihren Anfängen eine
internationale Angelegenheit war und mit den verschiedensten
Sprachkreisen in Berührung kam, beschäftigt sich Freud in keiner
seiner Schriften mit der Rolle der Zweitsprachen im Seelenleben der
Patienten.«
»Mit der an Migration gebundenen Mehrsprachigkeit haben sich seit
León und Rebecca Grinbergs klassischer Untersuchung Psicoanálisis
de la migración y del exilio von 1984 (dt. 1990) viele
psychoanalytische Arbeiten insbesondere unter dem Fokus der
Traumatisierung beschäftigt. Keine jedoch hat die
psychoanalytische Dimension von Mehrsprachigkeit so grundlegend und
aus so unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet wie das
vorliegende Buch.«
»Alles in allem ist der Band ein leidenschaftliches Plädoyer für
das Leben »in« mehreren Sprachen bzw. dafür, »von mehr als einer
Sprache bewohnt zu werden« (S. 440). Die Zweitsprache wird dabei
nicht nur als Chance für einen Neuanfang begreifbar (als
»Rettungsanker«; S. 184), sondern auch als eine Art Stoßdämpfer
gegenüber allzu schmerzhaften Emotionen, die mit der Muttersprache
unlösbar verbunden scheinen.«
»Amati Mehler, Argentieri & Canestri liefern einen wichtigen
Beitrag zur aktuellen Debatte zu Migration und kultureller
Integration. Ihr Buch bietet Einblicke in die psychischen
Verfasstheiten mehrsprachiger Individuen, denen sich durch ihre
langjährige psychoanalytische Erfahrung offenkundig eine besondere
Sensibilität für die aktiven Kräfte ihrer Sprachen erschlossen
hat. In der Fokussierung der psychischen Dimension von
Mehrsprachigkeit kann es darüber hinaus den arg theorielastigen
Debatten des Poststrukturalismus zum Verhältnis von Subjekt und
Sprache, Beherrschung und Unterwerfung, Eindeutigkeit und Polysemie
neue Horizonte eröffnen.«
Die gesamte Rezension findet sich im digitalen Klett-Cotta-Archiv
der Psyche:
www.volltext.psyche.de