Rezension zu Lexikon der Psychologischen Anthropologie
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Rezension von Rolf Wirsing
Hannes Stubbe: Lexikon der Psychologischen Anthropologie
Autor
Hannes Stubbe ist Professor für Ethnopsychologie und
Transkulturelle Psychologie/Psychologische Anthropologie an der
Universität zu Köln. Er hat sich lehrend und forschend in
Lateinamerika, Indien, China, und Afrika aufgehalten. Er ist zudem
Autor zahlreicher Publikationen in über 10 Ländern und (wie seine
Webseite informiert) Redakteur der Zeitschrift »Kölner Beiträge zur
Ethnopsychologie und Transkulturellen Psychologie«, die er zusammen
mit seiner Frau herausgibt.
Entstehungshintergrund
Das schon vom Umfang und Gewicht beeindruckende Buch stellt die
zweite überarbeitete Auflage des im Jahre 2005 zum ersten Mal
erschienen Lexikons unter dem Titel »Lexikon der Ethnopsychologie
und Transkulturellen Psychologie« dar. Der Anlass dieses Buchs, das
von A, wie »Aberglaube« bis Z wie »Zweisprachigkeit« reicht, soll,
wie der Autor im Vorwort erläutert, das damalige Fehlen eines
solchen Lexikons im deutschsprachigen Raum gewesen sein. Dies habe
den Autor verwundert, da die institutionalisierte
»(Völker-)Psychologie« (S. 7) in Deutschland ihren Ausgang genommen
habe. Diese Lücke wollte Stubbe als einziger deutscher Vertreter
der Ethnopsychologie mit diesem einzigartigen Werk füllen. Er
konnte, wie er betont, sich dabei auf über 20 Jahre Lehr- und
Forschungstätigkeit in vielen Ländern der Welt (neben Deutschland
vor allem in Brasilien, China und Mosambik) und auf seine
praktische Arbeit mit Migranten in Deutschland stützen. Sein Werk
stellt somit zweifellos den »geistigen Niederschlag« seiner im
Verlauf seines »Migrantenlebens auf dieser Erde« (S. 8) gemachten
wissenschaftlichen Erfahrungen dar, die sich, beginnend ab 1970, in
über 200 Publikationen niederschlugen. Auch, so fährt er fort,
hätten ihn didaktische Gründe dazu bewogen, seinen aus
verschiedenen Fachbereichen stammenden Studierenden das vorliegende
Begriffsinventar zur Verfügung zu stellen.
Aufbau
Welche Kriterien und Prinzipien leiteten den Autor bei der Auswahl
und der inhaltlichen Ausfüllung der alphabetisch angeordneten
Begriffe? Da meines Wissens kein vergleichbares Lexikon in
Deutschland als Modell dienen konnte, blieb es seinem Verständnis
der Psychologischen Anthropologie und ihrer angrenzenden
Disziplinen (wie der Ethnopsychologie, Transkulturellen
Psychiatrie, Interkulturellen Psychologie) überlassen, welche
Begriffe Eingang in sein Lexikon finden sollten und wie sie
auszugestalten waren. Außerdem habe er sich beim Schreiben von
»wissenschaftshistorischen, kulturanthropologischen und
beispielsbezogenen Prinzipien« (S. 7) leiten lassen. Er fährt fort
(ibid), dass er diachrone mit synchronen Sichtweisen verbinden und
sowohl emische als auch etische Ansätze (vgl. S. 141, »emische vs.
etische Sichtweisen«) berücksichtigen wolle.
Inhalt
Was heißt das im Einzelnen? Nehmen wir gleich den ersten Begriff,
den »Aberglauben« (S. 13), der relativ zu anderen Begriffen knapp
und auf nur einer halben Seite abgehandelt wird. Hier erkennen wir,
wie bei fast allen anderen Begriffen, eine aus der
Kulturanthropologie (vgl. S. 368, »Kulturanthropologie«) bekannte
kulturrelativistische Herangehensweise (vgl. S. 380
»Kulturrelativismus«), die jeden Ethnozentrismus (vgl. S. 178
»Ethnozentrismus«) zu meiden sucht. Der »Aberglaube« wird im ersten
Satz als sowohl »schwankend« als auch »relativ« bezeichnet. Der
schwankende Charakter, so wie ich es verstehe, zeigt sich
wahrscheinlich in den fließenden Grenzen zwischen Glaube und
Aberglaube. Die Relativität und Wertbehaftetheit des Begriffs ist
hingegen klarer formuliert. Sie offenbaren sich darin, dass die
jeweilige offizielle Religion die Vorstellungen und Praktiken des
Aberglaubens als rückständig und überkommen bezeichne. Stubbe
verweist noch auf Goethes Maximen und Reflexionen, wo der
Aberglaube als zum Wesen des Menschen zugehörig betrachtet wird.
Auf Beispiele, wie üblich bei anderen Einträgen, wird bei diesem
Begriff verzichtet, der interessierte Leser wird jedoch noch auf
verwandte Begriffe wie »Orakel«, »Abwehrauge«, »Esoterik« und
»Zauber« sowie auf 10 literarische Quellen verwiesen, die von 1899
bis 2010 reichen.
Es ist nicht verwunderlich, dass die Begriffe, die mit Ethno- (bzw.
Ethn-), Kultur- oder Psych- beginnen, relativ zu allen anderen,
einen breiten Raum einnehmen. Ab Seite 144 bis 185, also auf
insgesamt 41 Seiten finden wir insgesamt 18 von »Ethnie« bis
»Ethnozid« reichende Artikel. Besondere Beachtung erhielten dabei
folgende Begriffe mit einem Umfang von mehr als drei Seiten:
»Ethnoästhetik« (abgehandelt auf sieben Seiten),
»Ethnopsychoanalyse« (7 Seiten), »Ethnopsychologie« (3,5 Seiten)
und »Ethnozentrismus« (ebenfalls 7 Seiten). Dazu könnte man noch
folgende verwandte, mit dem Wortstamm Volk- oder Völker- beginnende
Begriffe von »Völkerkunde« bis »Volkskunde« zählen, bei denen
»Volksgeist, Lehre vom« mit fast 3,5 Seiten die meiste
Aufmerksamkeit bekam.
Stubbes Definition von »Psychologischer Anthropologie« sollte noch
zum besseren Verständnis des vorliegenden Buchs, das ja diesen
Titel trägt, angeführt werden. Der entsprechende halbseitige
Eintrag (S. 523) sieht die Psychologische Anthropologie als eine
»Nachfolgerin und Weiterentwicklung der Völkerpsychologie des 19.
Jh.s«. Stubbe fährt fort: »Sie befasst sich mit einer
psychologischen Interpretation der sozialen, materiellen und
ideologischen Kulturphänomene und sucht einen Zugang zu den
kulturspezifischen Eigenarten des Fremdseelischen, d.h., sie
erforscht eine Gegenstandsvielfalt wie sie in dem vorliegenden
Lexikon ausgebreitet wird«. Als mögliche Alternative sieht er die
»Cross-Cultural Psychology«. Er scheint Haller (2005) zuzustimmen,
der dieses Feld in die Kulturanthropologie einordnet, die Stubbe
als »die Wissenschaft von den menschlichen Kulturen« (S. 368)
versteht.
Eine begriffliche Vielfalt lässt sich auch in den 18 Einträgen mit
dem Wortstamm Kultur- erkennen. Diese Begriffe beginnen ab S. 365
mit dem Eintrag »Kultur« (mit knapp über 3 Seiten Länge) und
reichen bis S. 391 mit der Darstellung der »Kultur- und
Persönlichkeitsschule« (mit 6 Seiten Länge). Man sollte allerdings
noch die Begriffe dazuzählen, die ab S. 608 das Phänomen der
Transkulturalität berücksichtigen, wie »Transkulturelle
Kinderpsychiatrie« (auf 7,5 Seiten), sowie die weniger als 2 Seiten
umfassenden Einträge wie »Transkulturelle Psychiatrie«,
»Transkulturelle Psychologie«, und »Transkulturelle
Psychotherapie«.
Erwartungsgemäß häufen sich ebenfalls die mit dem Wortstamm Psycho-
(bzw. Psych-) gebildeten Begriffe, wenn auch auf noch weniger
Seiten. Wir finden ab S. 508 bis S. 525 insgesamt zwölf Einträge,
die sich von »Psychiatrie: vergleichende« (nur mit dem Verweis auf
»Transkulturelle Psychiatrie«), bis »Psychotherapie« (nur mit
Verweisen auf »Ethnopsychotherapie«, »Heiler«, »Transkulturelle
Psychotherapie« und »Transkulturelle Kinderpsychotherapie«)
erstrecken. Mit 13 Seiten Länge fällt vor allem der Eintrag
»Psychodiagnostik in fremden Kulturen« auf.
Der Autor versucht dabei sein Bestes, die uneinheitliche Verwendung
und unterschiedliche Bedeutung solcher Disziplinen und
Subdisziplinen wie z.B. »Ethnologie«, »Anthropologie«,
»Kulturanthropologie« (bzw. Cultural anthropology), »Völkerkunde«
und »Volkskunde« einerseits, aber auch von »Ethnopsychologie«,
»Völkerpsychologie« und »Transkulturelle Psychologie« (oder
kulturvergleichende P., bzw. Cross-Cultural Psychology) anderseits
mittels ihrer Geschichte darzustellen und mit Beispielen und
Literaturhinweisen anzufüllen.
Der Autor lässt in vielen seiner Einträge seine Skepsis gegenüber
allen ethno- und eurozentrischen Interpretationen fremder
Verhaltensweisen und Gebräuche erkennen, wenn er z.B. sagt, dass
»jede psychologische Theorie, Technik, Methodik, Therapie,
Psychodiagnostik etc. hinsichtlich eines potentiellen
Ethnozentrismus hinterfragt werden muss«. Bemerkenswert ist auch
seine Vielzahl von Begriffen die die Überheblichkeit und den
Machtmissbrauch der westlichen Welt gegenüber Minoritäten,
Migranten und indigene Völker ansprechen. Die vorurteilbehafteten
Einstellungen finden sich in solchen Begriffen wie z.B. »Bilder der
Fremden«, »Vorurteil«, »Antisemitismus«, »Antizyganismus«, »Rasse«
(im Text in Anführungszeichen gesetzt) und »Rassismus«. Wie wir
wissen, gingen sie oft einher oder dienten häufig als
Rechtfertigung für solche individuellen und staatlichen
Verhaltensweisen, wie z.B. »Diskriminierung«, »Kolonialismus«,
»Apartheid«, »Konzentrationslager«, »Folter« und »Genozid«. Der
Autor wendet sich auch den Begriffen zu, die der Bewusstwerdung und
dem Abbau rassistischer Haltungen und dem Verstehen des Fremden
dienen. Dazu gehören u.a. »Antirassistisches Training«, und 10
Einträge, die (ab S. 314 bis 325) mit dem vorangestellten Begriff
»Interkulturell« gebildet wurden: (von »Interkulturelle
Kommunikation« bis »Interkulturelles Training«). Dazu passt auch
der Artikel »Vorbereitung auf das Leben in fremden Kulturen« (S.
669).
Der Autor vernachlässigt auch nicht die Beschreibung der Methoden,
die sich der Erforschung all der Phänomenen befassen, in denen
Kultur und Psyche eine entscheidende Rolle spielen. Neben »Methoden
allgemein«, denen der Autor 7 Seiten widmet, führt er noch
»Methoden der Ethnopsychoanalyse« (6,5 Seiten), »Methoden der
Psychologischen Anthropologie/Ethnopsychologie« (14,5 Seiten), und
»Methoden der Transkulturellen Psychologie« (14 Seiten) an.
Interessant erscheint mir, dass auch zehn Ländernamen Eingang in
das Lexikon fanden, vor allem die Namen der Länder, in denen der
Autor sich lange aufgehalten und/oder über die er zumindest einen
Artikel aus psychologischer Sicht verfasst hatte. Es geht es hier
dem Autor nicht um die übliche Beschreibung eines Landes oder
Kontinents aus historischer, politischer und soziokultureller
Sicht, sondern vorrangig um die Geschichte der Wissenschaft, vor
allem um die Geschichte der Psychologie in den jeweiligen Ländern.
Diese Geschichte wird meist abrissartig in einer Art Zeittafel, oft
unterteilt in mehrere Abschnitte, zusammen mit begrifflichen
Verweisen, gelegentlichen Beispielen und einer meist umfangreichen
Literaturliste dargestellt.
Als erstes taucht der Begriff »Afrika« mit nur 4 Seiten Länge auf,
unter dessen Literaturangaben sich auch ein Buch des Autors (2008,
»Sigmund Freuds ›Totem und Tabu‹ in Mosambik«) findet. Stubbes
Darstellung der Geschichte der Psychologie der afrikanischen Länder
gliedert sich in 3 Phasen: (1) Abschnitt der Ethnopsychologie/
Protopsychologie/ Paläopsychologie; (2) Kolonialer Abschnitt und
(3) Postkolonialer Abschnitt und gegenwärtige Situation. Jeder
Abschnitt wird von ihm mit weiteren Punkten unterfüttert. Beispiele
wurden für Afrika keine angeführt, dafür gibt es Verweise auf
Begriffe wie z.B. »Kolonialismus«, »Imperialismus«, und »Rassismus«
und eine fast einseitige Literaturliste.
Wesentlich mehr Platz auf insgesamt 15, 5 Seiten (ab S. 87) wird
dem Land »Brasilien« eingeräumt. Dies ist nicht verwunderlich, da
Stubbe lange Zeit in diesem Land gelehrt und geforscht und an der
Universität zu Köln seine Habilarbeit mit dem Thema »Psychologie
und gesellschaftliche Entwicklung in Brasilien« eingereicht hat.
Dementsprechend sind seine Ausführungen weiter als sonst gefasst
und beschäftigen sich vorrangig mit der Wissenschaftsgeschichte und
der Historiografie der Psychologie in Brasilien, diskutieren aber
auch eine Vielzahl von Gründen für die »wissenschaftlich-kulturelle
Verzögerung« Brasiliens. Hier bezieht sich der Autor auf eigene
Publikationen mit, wie er hervorhebt (S. 87) einer Bibliografie von
über 1.000 Titeln. So verwundert es nicht, dass mehr als die Hälfte
aller Literaturangaben zum Begriff »Brasilien« aus
Veröffentlichungen des Autors bestehen. Sein Interesse an diesem
Land, seiner Geschichte und Ethnografie ist auch bei vielen anderen
Begriffen oder den dazu gelieferten Beispielen sichtbar. So folgen
gleich nach dem Artikel »Brasilien« vier Begriffe, die wir aus
Brasilien kennen: »Cafuné«, »Candomblé«, »Canudos«, und »Capoeira«.
Oder nehmen wir das Stichwort »Ethnologie« (S. 158) in dem wir nach
einer kurzen allgemeinen Begriffsdefinition das zwei Seiten
umfassende Beispiel »Zur Geschichte der Ethnologie in Brasilien«
finden.
Ein drittes Land ist die Weltmacht »China« (S. 108-115), dessen
Geschichte der Psychologie ebenfalls in einer Zeittafel
stichpunktartig aufgeführt ist. Die Literaturangaben zu diesem Land
zeigen, dass auch Stubbe – wie ist es anders zu erwarten – einen
Artikel über die Situation der Psychologie in diesem Land
veröffentlicht hat. Ein viertes, vom Autor mit einem Eintrag
gewürdigtes Land ist »Indien«, in dessen Beschreibung, neben der
Auflistung der Geschichte der Psychologie in Indien, gleich zwei
Beispiele zu finden sind: eines über die Verwitwung und eines über
die Darstellung der ehemaligen Kolonialmacht im Bollywood Film.
Drei weitere geopolitische Einheiten, über die der Autor
erwartungsgemäß Zeittafeln der Psychologiegeschichte erstellt und
auch darüber veröffentlicht hat, sind »Lateinamerika« (auf 11,5
Seiten), »Russland« (auf 3 Seiten) und die »Türkei« (auf 4,5
Seiten). In der eineinhalbseitigen Erwähnung von »Europa« (S. 188)
wird auf die Herkunft des Wortes und auf seine Verwendung bei
Griechen und Römern eingegangen. Kurz genannt wird die Verbreitung
des Christentums und der europäische Kolonialismus und
Imperialismus. Aus psychologiegeschichtlicher Sicht war Europa, vor
allem die griechisch römische Antike für Stubbe interessant, da von
dort aus die Erforschung der menschlichen Seele und Kultur ihren
Ausgang genommen haben soll. Vielleicht sollte man noch als letztes
Land die »USA« erwähnen, die zwar nur einen einseitigen Eintrag
erhalten und keine Auflistung der Geschichte der Psychologie, mit
der Begründung, dass letztere bereits vielfach dargestellt worden
sei. Die USA wird auf der einen Seite als das Land gewürdigt,
dessen Menschenbild seit vielen Jahren als Modell für die westliche
Psychologie diente und in der auch »alle Formen der Anwendung und
des Missbrauchs« (S. 648) der Psychologie durchgespielt worden
seien. Es wird aber auch in seiner kurzen Darstellung als ein Land
beschreiben, das sich zwar als Vorreiter der Menschenrechte
verstehe, aber diese Menschenrechte z.B. auf den von ihr
kontrollierten Marshall-Inseln täglich verletze.
Fazit
Neben den oben erwähnten Begriffen finden wir im Lexikon eine
Vielzahl anderer Einträge, die mir als Ethnologe ohne eine
Spezialisierung in Psychologie teils vertraut, teils unbekannt
sind. Sie sind jedoch nicht nur auf das Begriffsinventar der
Psychologen (bzw. Ethnopsychologen) beschränkt, sondern integrieren
auch die Sichtweisen der Ethnologen, Kulturanthropologen,
Soziologen und Wissenschaftshistoriker. Nicht nur werden für die
Mehrzahl der ins Lexikon eingegangenen Begriffe ihre Definitionen,
historische Überlegungen, ein zwei Beispiele und – wenn angebracht
– die bisher zu ihrer Erforschung verwandten Methoden dargelegt,
sondern oft auch die im Wissenschaftsdiskurs debattierten
unterschiedlichen theoretischen Richtungen, zusammen mit ihren
prominentesten Vertretern und Publikationen. Allerdings darf man
keine zu ausführliche Darstellung z.B. aller Richtungen eines
theoretischen Begriffs (wie z.B. der »Evolution« oder des
»Funktionalismus«) oder z.B. die vollständige Erwähnung aller
bekannten »Kulturabhängigen Syndrome« (S. 368) erwarten, dennoch
ist es schon beachtlich, wie viele Ideen der Autor für jeden
Begriff in interdisziplinärer Art und Weise zusammengetragen
hat.
Alle ins Lexikon eingegangenen Begriffe erscheinen sorgfältig
recherchiert. Sie sind trotz ihrer kompakten Darstellung
interessant und gut lesbar. Ihre Auswahl mag vielleicht das vom
Autor gesteckte Feld nicht immer erschöpfend abdecken, in anderen
Worten, es gibt sicher relevante Begriffe, die nicht Eingang in das
Lexikon finden konnten. Auf der anderen Seite lassen sich wiederum
Einträge finden, die der eine oder andere Leser in einem Lexikon
der psychologischen Anthropologie nicht erwartet hätte. Die in den
Einträgen und Beispielen gelegentlich sichtbare Bias gegenüber dem
Land Brasilien mag sicher Forscher mit einem Interesse an diesem
Land erfreuen. Wohltuend ist auch eine andere Bias: die kritische
Haltung gegenüber jede Form von Ethnozentrismus, Rassismus und der
Verletzung der Menschenrechte entmachteter und indigener
Völker.
Was mir fehlt: eine Inhaltsangabe der ca. 470 Begriffe am Beginn
und ein Index der wichtigsten Autoren am Ende des Buchs. Vielleicht
lässt sich das ja bei einer dritten Neuauflage des Buchs
bewerkstelligen. Insgesamt ist das Werk bei einem Preis von weniger
als € 70 ein einzigartiges Nachschlagewerk, in dem man auch als
interessierter Laie gerne blättert und sich beim Lesen der vielen
ethnografischen Beispiele verlieren kann. Es ist unmöglich, nicht
von dem immensen Faktenwissen, das hier zusammengetragen wurde und
der Menge der angeführten Quellen beeindruckt zu sein.
Rezensent
Prof. Dr. Rolf Wirsing
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