Rezension zu »Ich schrieb mich selbst auf Schindlers Liste«

(nicht erschienen)

Rezension von Dorothee Lottmann-Kaeseler

»Ich schrieb mich selbst auf Schindlers Liste«

Die Juristin Dorothee Lottmann-Kaeseler hatte die Gelegenheit die Holocaust-Überlebende Hilde Berger persönlich kennenzulernen. Nun ist im Psychosozial-Verlag eine Biografie der unglaublichen Überlebensgeschichten von Hilde und ihrer Schwester Rose Berger erschienen. Dazu hier eine persönliche Einschätzung von Dorothee Lottmann-Kaeseler:


Das Buch »Ich schrieb mich selbst auf Schindlers Liste« ist auch ein Nachruf für Hilde Berger Olsen, die 2011 starb – und nun auch für den eben verstorbenen Berthold Beitz. Für jemand, der einen Teil in Essen sein Leben verbracht hat, ist die Geschichte der Firma Krupp vertrauter als die anderer großer Unternehmen von vergleichbarer Bedeutung. Untrennbar verbunden mit der Firmengeschichte Krupp war auch Berthold Beitz, dessen Tod Ende Juli 2013 durch die Medien sehr bekannt gemacht wurde. Bereits Anfang der 90er Jahren erschien ein schmaler Band über ihn, den ich las (Bernd Schmalhausen: Berthold Beitz im Dritten Reich. Essen 1991). So wurde mir erstmals bekannt, dass er einer Anzahl von Juden geholfen hatte, als er 26-jährig in Boryslaw (heute Ukraine) für die Ausbeutung der Erdölressourcen zuständig war. Erwähnt wurde u.a. eine Hilde Berger, die als Sekretärin für ihn tätig gewesen war.

Seit 1993 war ich fast jedes Jahr einmal in New York, besuchte dann stets meine in Wiesbaden geborene Freundin Gaby Glückselig und nahm nach Möglichkeit am »Stammtisch der Emigranten« teil, der seit Jahrzehnten in ihrer Wohnung stattfindet. Dort traf ich auch Hilde und Alex Olsen. Jemand muss mir gegenüber erwähnt haben, dass Hilde, ursprünglich Berger, eine Überlebende von verschiedenen Lagern im südöstlichen Polen war. Also fragte ich sie, ob sie die Sekretärin von Berthold Beitz gewesen war. Hilde sprach davon nur zögernd, aber bejahend. Nicht nur Beitz verdankte sie ihr Leben, sondern letztlich vor allem Oskar Schindler, der eine große Zahl von jüdischen KZ-Häftlingen mit nach Brünnlitz nehmen konnte, wo sie dann von den Russen befreit wurden.

Im Zusammenhang mit Spielbergs Film über Schindler wurde sie dann als Zeitzeugin herangezogen. Und in der Dokumentation über den Stammtisch von Yoash Tatari (1995/96) kam sie zu Wort – das führte dann zu einem Auftritt bei »Boulevard Bio«, zu dem sie Alfred Biolek 1996 einlud.

Ich freue mich sehr, dass die neue Veröffentlichung nicht nur die Geschichte von Hilde, sondern auch die ihrer Schwester Rose Berger und der beiden Ehemänner – alle vier in Berlin geboren – in ihren vielfältigen Facetten bekannt macht. Herausgeber Reinhard Hesse hat neben den persönlichen Kontakten auch biografische Bezüge zur Familie Olsen (urspr. Werner Schmidt) und konnte einschließlich Fotos und privater Korrespondenz sehr viel zusammentragen.

Erst jetzt wird mir klar, dass ich schon 1966 als Studentin aus einem Artikel in der ZEIT über einen Strafprozess gegen einen SS-Untersturmführer hätte erfahren können, welche Rolle Berthold Beitz für Hilde Berger und andere gespielt hat.


Dorothee Lottmann-Kaeseler hat in Wiesbaden einen Verein für deutsch-jüdische Geschichte mitbegründet und und war viele Jahre Vorsitzende des Aktiven Museums Spiegelgasse.

zurück zum Titel