Rezension zu »Mein Körper gehört mir … und ich kann mit ihm machen, was ich will!«
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Rezension von Lisa Tomaschek-Habrina
Mathias Hirsch
»Mein Körper gehört mir ... und ich kann mit ihm machen, was ich
will«
Dissoziation und Inszenierungen des Körpers psychoanalytisch
betrachtet
Selbstbeschädigung und Essstörungen sind die modernen
Krankheitsbilder der Adoleszenz, mit dem Ziel wenigstens den Körper
beherrschen zu können, wenn man sonst schon machtlos ist. Mathias
Hirsch veranschaulicht durch viele Praxisbeispiele den oft
skurrilen zeitgenössischen Umgang mit dem eigenen Körper. Eingehend
widmet er sich den Körperdissoziationen: der Körper als
Mutter-Ersatz, als Container, als Abgrenzungsmittel,
Objektersatzmittel. Im Kapitel Essstörungen berichtet Hirsch
detailliert über die ersten 1 ½ Jahre einer kombinierten Einzel-
und Gruppenpsychotherapie einer schwer anorektischen 21jährigen
Patientin und gibt schlussendlich eine Analyse über das Gelingen
der Behandlung.
Der Körper ist ein Teil des Selbst, und doch kann er das Selbst
beeinträchtigen, wenn er reagiert, wie er nicht soll. Und der
Mensch macht den Körper zu seinem Objekt und behandelt oder
malträtiert ihn, um sich selbst zu definieren oder größeres Übel zu
verhindern.
Jugendliche rebellieren häufig mit ihrem Körper gegenüber
gesellschaftlichen Normen – häufig wie Naturvölker: Tattoo,
Piercing, Narben, Schmerzen aushalten, fasten, Diäten. Als Teil des
Identitätsfindungsprozess schaffen sie häufig danach auch wieder
die Integration in den vorgegebenen Rahmen, wenn sie dies für
sinnvoll erachten. Im pathologischen Körperagieren gibt es leider
diese Entwicklung nicht. Es muss ständig wiederholt werden. In
unserer entritualisierten Gesellschaft treten diese Körperrituale
an die Stelle der Identitätsfindungsrituale: Schönheit, Sonnenbank,
Jogging, Marathon, Extremsportarten werden als hoher Wert
angesehen. Der Verlust von Regeln und Ritualen, von sicherer
Gruppezugehörigkeit und Religion scheint das Erfinden von
Ersatzritualen nötig zu machen, um ein Identitätsdefizit zu
kompensieren.
Dieses Buch beschäftigt sich intensiv mit dieser Thematik, für
Ottonormalverbraucher zuviele Fachtermini – Fachleute finden hier
einen guten Fundus.
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