Rezension zu Elternarbeit

HEP-Informationen 1/13 (Berufsverband Heilerziehungspflege in Deutschland)

Rezension von Dr. Ulf-Henning Janssen

Elternarbeit. Ein Grundpfeiler der professionellen Pädagogik

Zu den immer zentraler werdenden Elementen jedweder pädagogischen Arbeit – ob in Kindertagesstätten, Schulen oder Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe aber natürlich auch der Behindertenhilfe – gehört heute unabdingbar die Elternarbeit, hier zu Recht als Grundpfeiler der professionellen Pädagogik bezeichnet. In diesem Sammelband renommierter Fachleute der psychoanalytischen Pädagogik werden die Grundlagen aber auch Konfliktfelder der Zusammenarbeit professioneller Kräfte mit den Eltern ausführlich und nach aktuellem Stand dargelegt und diskutiert. Elternarbeit wird regelmäßig und gerne als Erziehungspartnerschaft definiert.

Ein wohlklingender Begriff, der sich jedoch in der Praxis selten wiederfinden lässt. Allzu oft verläuft die Elternarbeit eben nicht spannungsfrei, ist diese von gegenseitigem Unverständnis oder sogar Ablehnung, längst nicht nur seitens der Eltern, getragen. Der Ansatz der Autorinnen und Autoren, sich der Elternarbeit über die psychoanalytische Pädagogik zu nähern, erlaubt einen anderen und damit letztlich auch klareren Blick in die inneren Motive der Protagonisten, bietet aber damit auch Lösungsansätze.

Wie sehr dieser Punkt in der eigentlich doch als so unproblematisch geltenden und – von außen betrachtet – wenig konfliktbehaftetem Bereich der Kindertagesbetreuung dennoch eine zentrale Rolle spielt, wird dargelegt und regt damit immer auch zur Eigenreflexion der Fachkräfte an. All das wird von den Autoren in erfreulicher Klarheit herausgearbeitet. Da Elternarbeit in unterschiedlichen Settings naturgemäß vor unterschiedlichen Herausforderungen steht, werden die häufigsten Orte mit ihren jeweiligen Spezifika in einzelnen Kapiteln vorgestellt. Ob KiTa, Schule, Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe oder Heim; kein Feld bleibt ausgespart und wird mit seinen besonderen Rahmenbedingungen und Schwierigkeiten erläutert, um letztlich in jedem Feld zu einem »dialogischen Verstehensprozess« gelangen zu können – also dem Kern dessen, wie in der psychoanalytischen Pädagogik Elternarbeit verstanden werden will. Ganz nebenbei werden aber auch die aktuellen Probleme der jeweiligen Arbeitsfelder aufgezeigt, die somit als institutionelle Handicaps einer gelingenden Elternarbeit bewertet werden müssen. Nicht zu kurz kommt selbstverständlich auch die Gruppe der »schwierigen« Eltern: Solche mit psychischen Erkrankungen, Migrationshintergrund und/oder geringer sprachlicher Kompetenz oder offen zur Schau gestelltem Desinteresse. Gerade vor diesen Hintergründen Wege zum Miteinander zu finden, stellt eine große Herausforderung für alle Beteiligten dar. Dass diese allen Widrigkeiten zum Trotz gelingen kann, belegen die jeweiligen Autoren eindrucksvoll. Selbstverständlich lassen sich die Erkenntnisse dieses Buches auch übertragen auf die Arbeit mit Eltern, deren Kinder längst keine Kinder mehr sind, wie dies in den Erwachsenenwohnbereichen der Behindertenhilfe ebenso der Fall ist wie im Bereich der ambulanten Hilfen. Die Konfliktlinien und -potentiale sind letztlich in allen Fällen identisch. Dieses Buch bietet sich für die Lehrerbildung ebenso an wie für die Qualifikation von Erziehern, Heilerziehungspflegern und Sozialpädagogen. Aber auch der langjährige Praktiker wird immer wieder mit Gewinn zu diesem Buch greifen, hat er hier doch die Chance, die Begegnung mit Eltern zu reflektieren und immer wieder neu und damit positiv zu denken – letztlich ganz im Sinne der uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen.


Dr. Ulf-Henning Janssen

www.berufsverband-hep.de

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