Rezension zu Patient Scheidungsfamilie (PDF-E-Book)
Kinderschutz aktiv Nr. 97 März 2013 25. Jahrgang
Rezension von Christian Vielhaber
Figdor, Helmuth (2012): Patient Scheidungsfamilie. Ein Ratgeber für
professionelle Helfer.
Dieses Buch, das als Ratgeber angeboten wird, lässt mich ein wenig
ratlos zurück. Ratlos in dem Sinne, dass ich nicht genau weiß,
welcher Gruppe von LeserInnen ich dieses publizierte Spektrum breit
gefächerter Unterstützungsbemühungen in Sachen Scheidungsprobleme
empfehlen soll. Figdor ist ein anerkannter Fachmann in Sachen
Kinder- und Jugendpsychologie und hat lange Erfahrung mit heiklen
psychotherapeutischen Konstellationen auf Grund seiner beruflichen
Praxis. Er sieht sein Buch als Ratgeber für professionelle Helfer,
aber professionelle Helfer haben immer ihre sehr persönlichen
Erfahrungen mit Problemfällen und verfügen über individuell
konstruierte Zugänge zu Konfliktsituationen. In Figdors Buch
dominieren Fallstudien, um die herum er seine Lösungsansätze
aufbaut. Jede einzelne ein Stück Lebenswirklichkeit, jede einzelne
aber auch mehr oder weniger eine Erfolgstory des Autors. Möglich,
dass sich die professionellen LeserInnen durch Vergleiche mit ihren
Fällen positiv stimulieren lassen, ob sie ihre grundlegenden
Positionen in Sachen Entwicklungspsychologie oder Psychotherapie
verändern werden, wage ich zu bezweifeln. Gerade in zentralen
Fragen wie etwa bei der aktuell diskutierten Problematik der
gerichtlich verordneten gemeinsamen Obsorge, zählt Figdor zu den
Befürwortern, wobei die wissenschaftliche Absicherung, auch wenn
sie herbeigeschrieben wird, so sicher nicht ist, sodass
beispielsweise bei dieser Frage die Trennschärfe zwischen
gesellschaftspolitischer Orientierung und wissenschaftlicher
Rückendeckung nicht unbedingt als gesichert angesehen werden kann.
Dies vor allem deshalb, weil in den verfügbaren Studien der Fokus
auf das Kind sehr unterschiedlich gehandhabt wird. Anders werden
die Inhalte des Buches wahrscheinlich von Menschen gesehen, die
direkt Betroffene sind oder – um in Figdors Begriffswelt zu bleiben
– Patienten sind. Diese Gruppe von LeserInnen findet ein breites
Spektrum von Problemsituationen vor, die ihnen wohl immer wieder
vertraut vorkommen werden. Dadurch haben sie aber die Möglichkeit
ihr eigenes Verhalten zu reflektieren und sich möglicherweise
selbst als Gefangene einer schwierigen Lebens- und
Konfliktsituation zu begreifen, die von ihnen viel abverlangt und
sei es die Absage eines als gesichert geglaubten
Wahrheitsanspruches.