Rezension zu Die Krise der Männlichkeit in der unerwachsenen Gesellschaft
Buchjournal 4/2006
Rezension von Ira Panic
Männer unter Zugzwang
Weniger politisch als sozialgeschichtlich argumentiert in diesem
Zusammenhang einer, der seit Jahrzehnten beobachtet, was aus uns
wird: Der Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter diagnostiziert
»Die Krise der Männlichkeit in der unerwachsenen Gesellschaft«. Ihn
beschäftigen nicht Top-Karrieren oder Geburtenflaute, sondern neue
Möglichkeiten des Miteinanders. Die Männer, sagt er, stehen jetzt
unter Zugzwang, sofern sie in Gesellschaft von erfolgreich
konkurrierenden Frauen, die längst traditionell männliche
Eigenschaften adaptiert haben, nicht zum Auslaufmodell werden
wollen. Richter fordert von ihnen mehr »psychologische
Weiblichkeit« Erst dann sei ein ebenbürtiges Miteinander
möglich.
Seine zivilisationshistorische Abhandlung ist ein Abgesang auf den
»Stärkekult« und ein Appell an die emotionale Intelligenz beider
Geschlechter. Er wagt die Utopie einer vernunftvollen, global
denkenden, selbstverständlich emanzipierten Gesellschaft, in der
der »kleine Unterschied« endlich, endlich, keine großen Folgen mehr
haben muss.