Rezension zu Expressive Sandarbeit
HEP Informationen. Berufsverband Heilerziehungspflege in Deutschland 3/2012
Rezension von Ulf-Henning Janssen
Expressive Sandarbeit
In der Buchreihe Therapie & Beratung hat Eva Pattis Zoja nun ein
ganz besonderes Buch zur expressiven Sandarbeit veröffentlicht,
einer ebenso einfachen wie genialen Form der Arbeit mit
traumatisierten Menschen. Die expressive Sandarbeit, entstanden
gegen Ende der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts, ist, anders als
man meinen könnte, kein Spiel. Sie nutzt jedoch den Spieltrieb zu
therapeutischen Zwecken. Hierbei gilt es jedoch, verschiedene
Gegebenheiten zu beachten, damit aus dieser Therapie eben gerade
kein Spiel wird, was die Methode für den Betroffenen entwerten
würde.
Wie und warum dies geschehen kann, belegt die Autorin an einigen
Beispielen, zeigt aber auch auf, was zu tun ist, damit genau dieser
unerwünschte Effekt vermieden werden kann. Die Sandarbeit ist auch
keine Methode, die ausschließlich für Kinder geeignet ist. Auch
Jugendliche und Erwachsenen können selbstverständlich von dieser
Form der Traumabe- und -verarbeitung sehr profitieren. Das
Besondere an dieser »Methode« genannten Therapieform ist, dass
hierfür, im Gegensatz zu den meisten anderen Formen, keine
therapeutische Ausbildung erforderlich ist. Wichtig ist allerdings
die exakte Umsetzung der Rahmenbedingungen. Stichworte hierfür
sind neben den geeigneten Materialien unter anderem »der freie und
geschützte Raum« und »die freie und geschützte Zeit«. Dies
bezieht sich auf den Betroffenen, der in einem definierten
Zeitfenster und einem definierten Raum frei ist in seiner
Entscheidung, was er tun möchte, dabei aber umfassend geschützt
ist vor Dritten. So ist auch die Weitergabe z. B. an Eltern von
dem, was der Betroffene in diesem Rahmen getan hat, in jedem Fall
ausgeschlossen. Die Autorin zeigt dennoch Wege auf, um dem
Betroffenen Schutz durch Dritte zukommen zu lassen, sollte dieser
aktuellen Gefahren ausgesetzt sein.
Hinzu kommen beim Begleiter, der für den Betroffenen fester
Bezugsbegleiter sein muss, ein empathisches Verhalten und eine gute
Beobachtungsgabe sowie in anderen Ländern eine möglichst exakte
Kenntnis der jeweiligen kulturellen, historischen und religiösen
Gegebenheiten, um zu einer ebenso korrekten wie umfassenden
Interpretation der Bilder zu gelangen. Somit ist das Verfahren
beispielsweise auch geeignet für Leser, die im Rahmen der
Entwicklungszusammenarbeit tätig sind. Natürlich kommen auch die
theoretischen Grundlagen der Methode nicht zu kurz. Sie erschlagen
jedoch das Ganze erfreulicherweise nicht. Geschrieben wurde das
Werk, wie die Autorin betont, aus der Praxis für die Praxis.
Die zahlreichen Fallbeispiele verdeutlichen das ebenso, wie das
ausgezeichnete Bildmaterial zu Sandarbeiten im Anhang des Buches,
auf das im Text immer wieder verwiesen wird. Somit kann sich der
Leser immer wieder selbst ein Bild machen und die beschrieben
Interpretationen mit seinen eigenen vergleichen. Eine praktische
Anleitung für ein Projekt Expressiver Sandarbeit rundet das Werk
ab. Lediglich der Titel irritiert etwas, heißt es dort doch, es
handele sich um eine »Methode psychologischer Intervention in
Katastrophengebieten und extremen sozialen Notlagen«. Hier denkt
man automatisch an große Naturkatastrohen oder Krieg und
Bürgerkrieg. Das ist sicherlich auch gemeint. Die Autorin zeigt
aber eindrucksvoll auf, dass diese Methode selbstverständlich auch
außerhalb derartiger Urgewalten und menschengemachten
Globalzerstörungen genutzt werden kann. Im Grunde eignet sich das
Verfahren – das belegt die Verfasserin eindrucksvoll an zahlreichen
Beispielen – für jede Art eines Traumas, das einem Menschen
widerfahren kann.
Insofern ist das Buch nicht nur für Leser aus therapeutischen
Berufen interessant. Es richtet sich genauso an Mitarbeiter aus
pädagogischen oder medizinisch-pflegerischen Arbeitsfeldern. Nicht
zuletzt wünscht man dem Buch eine Verbreitung bei all denjenigen,
die – unabhängig von ihren zugrundeliegenden Berufen – eine
Tätigkeit in der Entwicklungshilfe anstreben.
Pattis Zoja, Eva: Expressive Sandarbeit.
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