Rezension zu Revolution der Seele

Zeitschrift für psychoanalytische Theorie und Praxis 2/2012

Rezension von Galina Hristeva

Auszüge aus der Rezension:

»George Makaris monumentales Buch ›Revolution in Mind: The Creation of Psychoanalysis‹ (HarperCollins Publishers New York) hat seit seinem Erscheinen in den USA im Jahre 2008 viel Lob und Anerkennung geerntet und wurde bisher mit zwei renommierten Preisen ausgezeichnet: dem ›Gradiva Award 2009‹ der National Association for the Advancement of Psychoanalysis (als beste historische Arbeit) und dem ›Heinz Hartmann Award 2009‹. Nun liegt das Buch auch in deutscher Sprache in der Obersetzung Antje Beckers vor.«

»Dermaßen verunsichert und verwirrt, wird der Leser dem Historiographen George Makari auf seinem Weg durch mehrere Jahrzehnte Psychoanalyse-Geschichte willfährig folgen, um Sigmund Freuds ›lange, schwierige Reise‹ (S. 9) zu rekonstruieren und – zunächst ahnungslos – auf folgende, vom Autor genau kalkulierte Fragen eine Antwort zu bekommen: ›Wer war Freud? Wer sind die Freudianer, die freudianischen Psychoanalytiker und die Psychoanalytiker anderer Schulen?‹ (S. 10) Makari verspricht, völlig neues Terrain zu betreten und sich über das längst bekannte, im obigen Zitat skizzierte, als unfruchtbar erkannte dichotome Schema hinwegzusetzen: ›Freud als ewiges Genie oder Freud als Relikt und Betrüger‹ (ebd.).«

»Freud selbst wird zum historischen Protagonisten dieser harmoniesüchtigen Kompromißhaltung deklassiert, der seine Theorien immer rechtzeitig revidierte, sobald die Situation für die Psychoanalyse bedrohlich wurde. Wenn in der Psychoanalyse schon Revolutionen ausbrachen, dann waren es ›samtene Revolutionen‹ (S. 383), die von Freud selbst ausgeführt wurden. Es ist Freud, der ›die Grenzen dessen aufstieß, was in der freudianischen Gemeinschaft erlaubt war‹ (S. 383), während seine Anhänger nur als Zeugen dieser Umwälzungen erscheinen.«

»Die Fragmentierung der Psychoanalyse – aus wissenschaftshistorischer und wissenschaftsphilosophischer Sicht ein äußerst interessanter und aufschlußreicher Prozeß – wird von Makari also überspielt, während er hartnäckig an seiner Vision einer einheitlichen und aufwärtsstrebenden Psychoanalyse festhält. Statt einer analytischen Durcharbeitung dieser Dissoziations- und Dekompositionsprozesse bietet George Makari neue, schnelle Verbindungen und bemüht sich um eine besondere Form der Geschichtsschreibung«

»Wie es dann aber doch zur gegenwärtigen Krise der Psychoanalyse kommen konnte, darüber findet man bei Makari wenig Aufschluß. Während der leibhaftige, historische Freud geopfert wird, weswegen Makari so bereitwillig sämtliche ›Laster‹ Freuds zugibt, die in den letzten Jahren im Rahmen des ›Freud-Bashing‹ für viel Wirbel gesorgt haben, wird sein Werk, die Psychoanalyse, gerettet.«

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