Rezension zu Das Geheimnis unserer Großmütter
Deutsches Ärzteblatt PP
Rezension von Vera Kattermann
Lesen Sie Auszüge aus der Rezension:
»Svenja Eichhorn und Philipp Kuwert haben eine an der Universität
Greifswald initiierte Studie veröffentlicht, die erstmals
systematisch der Frage nachgeht, inwiefern Vergewaltigungen von
Frauen am Ende des Zweiten Weltkriegs zu nachhaltiger
psychotraumatischer Belastung geführt haben. Etwa zwei Millionen
Frauen sollen in den letzten Kriegsmonaten 1945 in Deutschland und
angrenzenden Gebieten vergewaltigt worden sein – diese hohe Zahl
steht in auffallendem Kontrast zum fast durchgängigen,
schambesetzten Schweigen, welches die Verarbeitung dieses Traumas
zur Privatsache erhoben hat.«
»Das Buch ächzt unter dem hohen Ansprach exakter
Wissenschaftlichkeit. Schade, dass Autoren und Leser sich so
mühevoll am harten Brot von Validität, Objektivität und
Repräsentativität, empirischen Skalen, Stichproben und
Diagnoseschlüsseln abarbeiten. Zwar schinden die Zahlen
intellektuell durchaus Eindruck, ihre vielfältige, schwierige und
schambesetzte und oft sicher auch widersprüchliche emotionale
Aufladung aber vermögen sie nicht ansatzweise zu vermitteln. Die
wenigen, eingestreuten Zitate aus den qualitativen Interviews im
Buch lassen den Wunsch eher dringlicher werden, das Erleben der
Frauen weit umfassender zu erfahren.«
»Die von Eichhorn und Kuwert vorgelegte Studie ist wichtig, weil
sie den Stand der bisherigen Forschung zu sexuellen
Kriegstraumatisierungen umfassend darstellt und einige fundierte
neue Erkenntnisse zusammenträgt. Der auffallenden, auch
wissenschaftlichen Zurückhaltung in der Auseinandersetzung mit
sexueller Gewalt wirkt es somit erfreulich entgegen. Zu wünschen
bleibt, dass es eher Ausgangs- denn Endpunkt einer Annäherung
bildet, die sich dem Erleben und Verarbeiten kriegsbedingter
Vergewaltigungen verschreibt.«