Rezension zu Ein Junge namens Sue

Siegessäule. Queer Berlin. Mai 2012

Rezension von Tania Witte

Auszüge aus der Sammelbesprechung »Zwischen den Seiten« zu vier verschiedenen aktuellen Titeln über Transsexuelle:

»Und doch wächst seit Jahren und in kleinen Schritten die Trans*-Sichtbarkeit in Deutschland – vorläufiger Höhepunkt war im Januar vergangenen Jahres, als das Bundesverfassungsgericht das Transsexuellengesetz kippte und damit u. a. qualvolle (und häufig unerwünschte) Operationen als Basis für die Anerkennung einer Transidentität als verfassungswidrig erklärte.

Das sind die lauten Meldungen. Die leisere ist: Es kommt Bewegung in die deutsche Literaturlandschaft, in der Trans* – wenn überhaupt – bislang vornehmlich als Seitenstrang oder in psychologisch-sexualmedizinischen Kontexten abgehandelt wurde.«

(...)

»Analytischer geht die Münchner Psychologin, Theaterpädagogin und Familientherapeutin Alexandra Köbele das Thema an. »Ein Junge namens Sue«, benannt nach dem Johnny-Cash-Song von 1969, befasst sich mit Theorie und Praxis geschlechtlicher Identität. Wie in den gut lesbaren wissenschaftlichen Teilen des Buches wahrt Köbele auch in der Schilderung der Lebenswege fünf transidenter Menschen einen beschreibenden, distanzierten, dabei aber stets wertschätzenden Duktus.«

»Schließlich ist die ebenso unbestrittene wie großartige Fähigkeit von Literatur ihr Angebot an die Lesenden, Perspektiven einzunehmen, die ihnen ansonsten für immer verschlossen bleiben würden, so birgt gerade das Medium Buch die Chance, den Weg für eine Depathologisierung von Trans*menschen zu ebnen. Jede Aufklärung, jede positive Darstellung – sei sie wissenschaftlicher oder fiktiver Natur und auch wenn sie literarische, erzählerische oder schriftstellerische Mängel haben mag – ist ein bedeutsamer Schritt auf diesem Weg. Das Ziel ist erreicht, wenn transidente Menschen auch in der Mainstreamliteratur den »Schweigen der Lämmer«-Stempel abschütteln und als selbstverständlicher Teil des Gesellschaftsbildes gesehen werden. Bis dahin bedarf es noch vieler Veröffentlichungen.«

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