Rezension zu Geschwisterdynamik

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Rezension von Viola Berkling

Der brillante Psychoanalytiker und Familientherapeut Hans Sohni hat einmal mehr mit diesem breitangelegten Werk ein Thema analytisch behandelt, das in unserer schnelllebigen Welt voller sich ständig verändernder sozialer Prozesse hochaktuell und bedeutungsvoll ist; eine Lektüre, aus der nicht nur seine Kollegen aus den benachbarten Disziplinen für ihre Praxis profitieren, sondern für betroffene, interessierte Familien, die Familienzuwachs planen bzw. in denen sich gravierende Veränderungen und/oder Probleme im Zusammenleben mit Kindern abzeichnen oder vollziehen.

Nach einem einleitenden Exkurs in die Zeiten der Anfänge der Psychoanalyse Sigmund Freuds gelingt es dem Autor aus verschiedenen Perspektiven den Lesern die immense Vielschichtigkeit der vertikalen und horizontalen Ebenen eines Familienverbundes anhand von anschaulichen, empirischen und unterschiedlich langen Fallbeispielen sowie aus seiner eigenen Lebenserfahrung im Geschwisterstatus darzulegen. Schnell gelangt man als Betroffene zu dem Schluss, dass es nicht nur um /'Geschwisterdynamik/', sondern vor allem um Familiendynamik geht.

Wohltuend seine Einfühlsamkeit im Aufzeigen von traumatischen Geschwistererlebnissen, deren Überwindung und Prävention.
Klischees und Vorurteile sowie Etablierung von Familienhierarchien in Bezug auf birth-order-Theorien werden nachhaltig ad absurdum geführt, indem er sehr überzeugend den Beweis antritt, dass Eltern, egal ob von Einzel- oder Geschwisterkindern, in der Verantwortung sind, für ein Umfeld zu sorgen, in dem empathische psychosoziale Kompetenz entstehen und sich entwickeln kann. Wie dies zu betrachten und zu gestalten ist, wenn der Elternpart selbst unter geschwisterlichen Konflikten leidet/litt, ist im 2. Kapitel dargelegt und nachzulesen.

Welche Bedeutung Ursache und Wirkung im Erziehungsprozess haben, wird eindrucksvoll und spannend beschrieben anhand der Tatsache, dass Geschwister in ihren frühen Jahren doppelt soviel Zeit miteinander verbringen wie mit Mutter bzw. Vater, und es wird einem bewusst, dass man sich mit seinen Geschwistern in einer Beziehung befindet, die sich lebenslang verändert und entwickelt und sich auf alle Mitglieder im Familienverbund in ihren Lebensphasen auswirkt.

Das Buch, das aus der jahrzehntelangen Praxis des Autors profitiert, wird abgerundet durch jeweiliges Einfließen von kulturspezifisch-sozialen Aspekten und Aufzeigen von Lösungs- und Therapieansätzen bei Unzulänglichkeiten und Übergriffen innerhalb der kleinsten gesellschaftlichen Zelle - der Familie. Es ist eine professionelle und allumfassend beleuchtende Bestandsaufnahme des familiären Alltags unserer Moderne in all ihren Facetten und Möglichkeiten, Kindern mit Geschwistern und/oder Peers in einem ihnen gerecht werdenden Umfeld eine chancenreiche Perspektive zu bieten.


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