Rezension zu In Anerkennung der Differenz

texte – psychoanalyse. ästhetik. kulturkritik. Heft 3/2011. 31. Jahrgang

Rezension von Hemma Stallegger-Dressel

»Das von der Wiener Frauenberatungsstelle »Frauen beraten Frauen« 2010 herausgegebene Buch »In Anerkennung der Differenz« beeindruckt durch sein hohes fachliches Niveau, den abwechslungsreichen Aufbau durch eine Mischung aus theoretischen Beiträgen, Expertinnengesprächen, Fallvignetten und poetischen Texten sowie durch die ästhetische Gestaltung des Covers, für das die italienische Malerin Paola Gandolfini ein Bild zur Verfügung stellte. Der Anspruch auf Wissenschaftlichkeit wird durch engagierte Gesellschaftsanalyse und kritische Selbstreflexion sowohl hinsichtlich der psychotherapeutischen Heimaten der Autorinnen als auch der gemeinsamen Heimat Frauenbewegung selbst eingelöst. Lehrreich ist das Buch nicht nur in Bezug auf eine feministische Haltung in der Psychotherapie, sondern auch in Bezug auf die Technik der Beratung und Unterschiede zwischen den therapeutischen Schulen sowie schließlich in Bezug auf die Geschichte der zweiten Frauenbewegung der 1970er Jahre, wenn auch manche Widersprüche ungelöst bleiben müssen.«

»Die sozialen Lebensbedingungen von Frauen sind also in einem feministischen Verständnis der beratenden und psychotherapeutischen Arbeit, da Gewalt gegen Frauen und geschlechterspezifische Einkommensunterschiede nach wie vor unleugbare gesellschaftliche Tatsachen sind, mitzudenken. Das erfordert ein spezielles Interesse und Wissen in Bezug auf geschlechtsspezifische medizinische, sozialpolitische, beziehungs-dynamische etc. Inhalte, wobei schon allein der von Groth und Galle angemerkte Befund (WHO 2007), dass soziale Ungleichheit krank macht (95), den gesellschaftlichen Kontext in die individuelle Betrachtung von Klientinnen einbeziehen sollte.«

»Traude Ebermann will aber Parteilichkeit nicht als Verschwesterung missverstanden wissen und stellt die Bewusstwerdung der eigenen Triebunterdrückung von Psychotherapiepatientinnen in den Vordergrund.«

»Alleine diese für Beratung und Psychotherapie so grundlegenden Fragen, die durch die Lektüre von ›In Anerkennung der Differenz‹ angeregt werden, machen den Band, der mit politischen Gedanken über Beratung von Marlene Streeruwitz schließt, für ExpertInnen und interessierte LaiInnen lesenswert. Und sehr erfrischend und tröstlich sind die eingestreuten Gedichte von Elfriede Gerstl wie z.B. über Selbsttherapie, die Ohnmacht von Therapien, die Familie im Kopf: ›. . . ist denn erwachsenwerden so schwer langsam glaub ich es ist unmöglich‹ (43).«



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