Rezension zu Geld (PDF-E-Book)
sonntaz. Politisches Buch, 12./13. November 2011
Rezension von Tania Martini
Auszug aus Tania Martinis Kolumne »Leuchten der Menschheit«:
»Gier ist nicht einfach bloß die individuelle Macke einiger Banker
und Manager. Die Tatsache, dass wir überhaupt in monetarisierten
Gesellschaften leben, stellt was mit uns an. Mit Marx gesprochen,
ist Geld, so wie die Ware, nicht bloß ein Realobjekt, sondern eine
soziale Form, das heißt: eine nicht direkt durchschaubare
Verobjektivierung sozialer Beziehungen. Und dann ist es auch noch
libidinös besetzt, das Geld. Eine schöne Analyse, die das Geld ins
Fadenkreuz von Marx und Freud nimmt, findet sich in der Anthologie
»Geld« (Psychosozial-Verlag, 2011). Rolf Haubl, Direktor des
Sigmund-Freud-Instituts, zeigt darin, weshalb Geld und Gier
zusammengehören. Die kapitalistische Warenproduktion verlange
Konsumenten, die keine Sättigung kennen, folglich müsse sie nicht
nur Waren, sondern auch immer neue Bedürfnisse produzieren, die
wiederum nach der Logik des Geldes strukturiert und damit unendlich
würden, weil Geldbesitz auf einer Skala abgetragen werde, die nach
oben offen ist. »Als Gut, in dem alle käuflichen Güter aufgehoben
sind, verweist Geld zudem immer über die Gegenwart hinaus: Es hält
Möglichkeiten für Befriedigungen vorrätig, für die es in der
Gegenwart noch gar keine Bedürfnisse gibt«. Alle gekauften Güter
sind enttäuschungsanfällig, einzig für das Geld gelte das nicht,
weshalb es der Logik des Systems entspreche, das Geld selbst zu
einer endlos nachgefragten Ware zu machen. Das ist eine schöne
Erklärung für den Übergang von der Real- zur Finanzwirtschaft. Und
leider eine schöne Erklärung dafür, weshalb die Gier nicht einfach
zu stoppen sein wird.«