Rezension zu Knastmauke (PDF-E-Book)
Zeitschrift integrativer europäischer Rechtsgeschichte
Rezension von Köbler Gerhard
Plogstedt, Sibylle, Knastmauke. Das Schicksal von politischen
Häftlingen in der DDR nach der deutschen Wiedervereinigung
Sibylle Plogstedt (Berlin *1945) war 1968 gerade für eine
Seminararbeit ihres sozialwissenschaftlichen Studiums in Prag, als
Truppen des Warschauer Paktes zur Bekämpfung liberaler Bewegungen
einmarschierten. Sie suchte Kontakt zu linken Studenten in Prag und
wurde deswegen im Dezember 1969 wegen Unterstützung einer
Vorläuferorganisation der Charta 77 zu zweieinhalb Jahren Haft
verurteilt und nach eineinhalb Jahren ausgewiesen. In der Folge
wurde sie 1976 Begründerin der Berliner Frauenzeitung Courage und
1986 Redakteurin des Vorwärts in Berlin und wirkt als freie
Filmemacherin, Autorin und Soziologin.
Ihr vorliegendes Werk befasst sich mit der interessanten Frage, was
aus den politischen Häftlingen der ehemaligen Deutschen
Demokratischen Republik nach Herstellung der deutschen Einheit
geworden ist. Aus etwa 200.000 Menschen hat sie für ihre Studie 25
ausgewählt. Für sie betrachtet sie die heutige Situation, die
Experten und Expertinnen, die Protokolle geteilt nach Haftzeiten
zwischen 1945 und 1949 (Roland Bude, Horst Hennig), zwischen 1950
und 1959 (Renate Beckheet, Wolfgang Stiehl, D. S.), zwischen 1960
und 1969 (Angelika Hartmann, Gerald Zschorsch, Hans Georg Peschel,
Monika Lutter, Bernd Fischer, Elke Herden, Rolf Buro), zwischen
1970 und 1979 (Bernd Markowsky, Gabriele Stötzer, Marion und Peter
Hanke, Marion H., Eleonore Pudenz, Viola Malé) und zwischen 1980
und 1989 (Chris Michael Shirjak, Thomas Reschke, Mathias Tordinic),
die Auswirkungen auf die Angehörigen, die Traumafolgen in Zahlen
und das weitere Schicksal nach der Herstellung der deutschen
Einheit.
Auf der Grundlage einer umfangreicheren Befragung von 802
ehemaligen politischen Häftlingen kann sie zeigen, dass etwa die
Hälfte der etwa 200.000 politischen Häftlinge (mehr als 85 Prozent
Männer, weniger als 15 Prozent Frauen) nach Verbüßung ihrer Haft in
der Deutschen Demokratischen Republik verblieben. Heute verdient
etwa die Hälfte weniger als 1.000 Euro im Monat. Obwohl sich etwa
die Hälfte den Neubeginn nach 1989 anders vorgestellt hatte,
sehnten sich dementsprechend als Folge der besonderen psychischen
Erlebnisse (Knastmauke) verständlicherweise weniger als 14 Prozent
der Häftlinge die Deutsche Demokratische Republik zurück.
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