Rezension zu Psychoanalyse tut gut
Psychologie Heute. 39. Jahrgang, Heft 4, April 2012
Rezension von Patricia Thivissen
Keine Angst vor der Couch
Dunja Voos zeigt, wie Psychoanalyse helfen kann
Psychoanalyse – drängt sich da nicht das Bild von einer alten
Ledercouch und einem schrulligen Therapeuten mit grauem Vollbart
und Pullunder im Rautenmuster auf? Und hat Sigmund Freud nicht
hinter vielen Störungen ziemlich weit hergeholte sexuelle
Hintergründe gesehen - sodass etwa eine Schlangenphobie eigentlich
Angst vor einem Penis offenbart?
Nicht unbedingt, sagt Autorin Dunja Voos. Sicher, die Psychoanalyse
gründet auf Freuds Theorien. Und auch die Couch gibt es immer noch.
Aber nur für den, der sie mag und braucht. In ihrem Buch
»Psychoanalyse tut gut« möchte die Medizinjournalistin und Ärztin
zeigen, wo Psychoanalyse helfen kann und was den Patienten
erwartet. Ein weiteres Ziel: mit Vorurteilen aufräumen. Ihr
Ratgeber gliedert sich in zwei Teile: Zunächst stellt sie die
psychoanalytische Therapie und ihre Funktionsweise vor. Im zweiten
Abschnitt beschreibt sie häufige Störungsbilder und wie diese mit
Psychoanalyse behandelt werden können.
Dunja Voos geht ausführlich auf praktische Fragen zur Psychoanalyse
ein. Sie beschreibt den Verlaufeiner ersten Therapiestunde, die
Beziehung zum Therapeuten und widmet sich auch Ängsten, die bei der
Psychoanalyse auftreten können, etwa vor der Abhängigkeit vom
Therapeuten oder vor dem eigenen Unbewussten. Dabei bemüht sie sich
um Ausgewogenheit und betont etwa auch den Nutzen der
Verhaltenstherapie. Dennoch, so die Autorin, greife diese mit ihren
Techniken bei einigen Patienten zu kurz. Die Psychoanalyse sei
hingegen für jene Menschen hilfreich, die der Ursache ihrer
Probleme auf den Grund gehen und sich selbst genauer kennenlernen
wollen. Anders als in der Verhaltenstherapie spielen Bewertungen
nur eine untergeordnete Rolle, vielmehr soll »erforscht werden,
welche Gedanken, Ideen und Fantasien zu der unerwünschten Emotion
beziehungsweise Reaktion führen«.
Kritisch sieht Voos Psychiatrie und Medien. So werde etwa bei
Depressionen der Eindruck erweckt, es handele sich um eine
Stoffwechselerkrankung, die allein mit Antidepressiva und
Verhaltenstherapien behandeln werden könne. »Die Symptome zu
bearbeiten und Medikamente zu nehmen, scheint da die einfachste
Lösung zu sein.« Doch aus Sicht der Psychoanalyse sind psychische
Störungen oft ein Stehenbleiben auf einer kindlichen Stufe. Etwas
plump wirkt an dieser Stelle allerdings die Frage, ob man einem
weinenden Kind auch einfach eine Tablette geben würde.
Dennoch: Das Buch ist ein anschaulich geschriebener Wegweiser mit
vielen praktischen Tipps und hilfreich für Menschen, die mit dem
Gedanken spielen, einen Analytiker aufzusuchen.