Rezension zu Aktive Vaterschaft
Psychologie heute, Dezember 2006
Rezension von Christine Weber-Herfort
Abwesender Vater oder Eventdaddy?
Drei neue Bücher beschäftigen sich mit der Lage der Väter und
kommen zu dem Schluss: Der reine Familienernährer hat
ausgedient.
Sie schneiden die Nabelschnur durch und schieben den Kinderwagen.
Doch schon bei der Frage, wer die Elternzeit nimmt, lassen 97
Prozent der Väter hierzulande den Müttern den Vortritt.
Unser Bild vom Verhalten der Väter bleibt widersprüchlich. Seit der
Frauenbewegung unter Druck, rücken sie nun in der Diskussion über
schwindende Geburtenzahlen wieder ins Blickfeld.
»Familenorientierte Männer, die bereit sind, mit ihren Partnerinnen
eine Aufgabenteilung vorzunehmen, erleichtern die Erfüllung von
Kinderwünschen«, meint Doris Palz in ihrer Untersuchung über
»Vaterschaft und Wirtschaft« einen Schwerpunkt des Sammelbandes
Aktive Vaterschaft. Er vermittelt einen Überblick über die
Ergebnisse von nationalen und internationalen Studien zur Frage,
wie sich für Männer Beruf und Familie vereinbaren lassen. So weist
Renate Liebold nach, dass die Eliten nach wie vor männlich
dominiert sind. »Nicht die Vereinbarkeit von Arbeit und
Familienleben, sondern die Verteidigung der Arbeit gegenüber den
Ansprüchen aus der familiären Sphäre ist das Anliegen der Männer in
Führungspositionen«, betont sie in ihrem Beitrag, der sich mit
Lebensarrangements von Führungskräften auseinander setzt.
Elli und Christian Scambor berichten von einem internationalen
Männerforschungsprojekt »Work Changes Gender«, das die Erosion des
männlichen Normalarbeitsverhältnisses und die Auswirkungen auf das
Selbstverständnis von Männern untersucht. Die Wissenschaftler haben
wieder einmal herausgefunden, dass die Bereitschaft und Möglichkeit
der Männer, ihre Arbeit und ihr Leben zu verändern, sehr stark an
vorhandene Ressourcen (gute Positionen, materielle und berufliche
Konditionen) gebunden sei.
Eduard Waidhofer registriert in seinem Beitrag über den Einfluss
des männlichen Rollenverständnisses auf die Balance zwischen Beruf
und Familie, dass »unsere Gesellschaft immer mehr von der
Wirtschaft dominiert wird, sodass man von einer Art struktureller
Rücksichtslosigkeit der Gesellschaft gegenüber Familien sprechen
kann«. Trotzdem vollziehe sich ein Wandel bei den Einstellungen von
Männern. In den vergangenen zehn Jahren zeigte sich, dass Männer,
die sich als die Familienernährer definieren, abnehmen: von 24
Prozent im Jahre 1992 auf 17 Prozent im Jahre 2002. Gleichzeitig
haben die »modernen Männer« von 14 auf 23 Prozent zugenommen. Mit
42 Prozent stellen jene Männer, »die noch auf der Suche sind« die
größte Gruppe.