Rezension zu Geld (PDF-E-Book)
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Rezension von Dr. Ulrich Kobbé
Thema
Der in der Psychosozial-Reihe ›Psyche und Gesellschaft‹
erscheinende Sammelband verfolgt zwei Leitideen: Einerseits ist
dies Versuch und Praxistest, ob ›Kritische Theorie‹ und
›Psychoanalytische Praxis‹ als »zwei kritische Wissenschaften, die
jahrzehntelang in enger Verbindung gestanden hatten, sich nach
einer Zeit des Auseinanderdriftens wieder zusammenführen lassen«
(S. 7). Andererseits wird vor der Matrix von internationaler
Finanzmarktkrise und darin zu exemplifizierender Rolle des Geldes
für den globalen Kapitalismus eine Option gesehen, »das Geld erneut
ins Fadenkreuz von kritischer Gesellschaftstheorie und
Psychoanalyse zu nehmen« (S. 8).
Entstehungshintergrund
Der Sammelband dokumentiert die Beiträge der 3. Tagung ›Kritische
Theorie – Psychoanalytische Praxis‹ am 23.-25.10.2009 an der
Universität Leipzig.
Aufbau
• Oliver Decker, Christoph Türcke, Tobias Grave: Editorial.
• Rolf Haubl: Wenn Mehr nicht genug ist: Verdirbt Geld den
Charakter?
• Claus-Dieter Rath: Die Honorarforderung des Psychoanalytikers.
Aspekte des Umgangs mit der Bezahlung der psychoanalytischen
Wahrheit.
• Jean Clam: Die Realisierungsmächtigkeit des Geldes. Ein
psychoanalytischer Ansatz zur Deutung des (Un-)Wesens des
Geldes.
• Robert Heim: Zur psychoanalytischen Numismatik.
• Horst Kurnitzky: Tauschverhältnisse. Die Kunst, mit Geld und
guten Worten ans Ziel der Wünsche zu gelangen.
• Hannes Gießler: »Raubt der Sache die gesellschaftliche Macht …«.
Zur Aufhebung des Geldes.
• Martin Eichler: Geld und Gerechtigkeit.
• Sonja Witte: Geld gegen Strich. Über die Kunst der Ware,
scheinbar keine zu sein.
Inhalt
Indem dieser Sammelband nur höchst unterschiedliche
Untersuchungsansätze zum Attraktor ‚Geld’ vereint, stellt er ein
Kaleidoskop von Zugängen der Psychoanalyse, Psychologie,
Soziologie, Cultural Studies und Kritischer Theorie her und zur
Verfügung:
Rolf Haubl konfrontiert Gier mit Moral, Sicherheitsbedürfnis mit
Risikobereitschaft. Er denkt Geldstile mit Entwicklungsaufgaben,
Geschlechterdifferenz und psychodynamischen Modellszenen und
konstatiert die Dringlichkeit, »dass die psychoanalytische
Sozialpsychologie ihr liegen gelassenes Thema einer ›Psychoanalyse
des Geldes‹ (Bornemann 1973) aufgreift und sowohl theoretisch als
auch methodisch neu bearbeitet« (S. 36).
Der Beitrag von Claus-Dieter Rath stellt – ausgehend von Freuds
Honorarpraktiken und dem Paradigma der »Stundenmiete« – nicht nur
Überlegungen zur Funktion des Geldes zur Verfügung, sondern
unterstreicht den in der Honorarforderung enthaltenen Aspekt der
Arbeit, der Zusammenarbeit, in einer Psychoanalyse, die ȟber das
konventionelle Rentabilitäts-, Maximalisierungs- und Profitdenken
hinaus[führt]« (S. 56).
Die »Negativität« der »Charaktereigenschaften des Geldes« erörtert
Jean Clam hinsichtlich der Symbolik und der Wirksamkeit dieses
›Tokens‹. Seine Thesen laufen darauf hinaus, dass das dem Geld
inhärente Realisierungspotential eine Form objektaler Wirklichkeit
her- und zur Verfügung stellt, die den Symbolisierungsmöglichkeiten
entgegengesetzt ist. In einer Kontrastierung von psychoanalytischer
und marxistischer Sozialsysteme arbeitet er heraus, inwieweit das
materialistische Konzept eines nicht mehr symbolischen sondern
konkret-materialistischen Besitzes der Wunschobjekte ein nicht
(mehr) symbolisierungsfähiges Genießen zum – utopischen – Ziel hat
… und mit dieser Substituierung des phantasmatischen Modus/' des
Begehrens darauf hinausläuft, dass das Subjekt selbst
›verschwindet‹.
Von einer lacanianischen Position aus diskutiert Robert Heim das
Subjekt in (s)einer exzentrischen Position, einer intersubjektiven
Struktur des Unbewussten und konstatiert: »Solange der Status des
Geldes für das Subjekt des Unbewussten (und nicht nur für den
berechnenden und kalkulierenden Homo oeconomicus), solange die
zahlreichen, widersprüchlichen und paradoxen Besetzungen dieses
Objekts [›Geld‹] durch einen begehrenden und genießenden
›ökonomischen Menschen‹ nicht auf einer erweiterten historischen
und theoretischen Stufenleiter reflektiert werden, wird dieses
Objekt immer wieder aus der symbolischen Ordnung eines ökonomischen
Systems verworfen und kehrt als Wirtschafts- und Finanzkrise mit
wechselnder sozialer Härte zurück« (S. 82). Was folgt sind weitere
Untersuchungen der Topoi Bedürfnis : Begehren : Gier, Tausch :
Schuld : Schulden, Genuss : Genießen : Lustprinzip, Gesetz :
Gerechtigkeit : Recht in ihrem »konzentrischen Kreisen […] um das
Maßobjekt des Geldes« (S. 93). Was resultiert, ist die Skizze eines
fatalen Subjekts: »In der Weigerung, sich kraft des Gesetzes als
begrenztes, kastriertes, beschnittenes, hinkendes Genießen zu
definieren, bleibt es in ständiger Versuchung«, innerhalb der
entgrenzten Logik des »zu einem selbstreferenziellen Maß seiner
selbst« geratenen Objekts ›Geld‹ »die Gesetzeskraft der
symbolischen Ordnung mit ihrer ökonomischen Normativität von Tausch
und Gerechtigkeit gleichsam delinquent zu unterlaufen« (S. 91) und
infolge dieses imperativen Mehr als ein ›automatisches‹ Subjekt und
als Objekt (s)eines Genießens zu enden.
Ausgehend von den ursprünglichen Tauschverhältnissen kontrastiert
Horst Kurnitzky diese Determinante sozialer Beziehungen mit
Prozessen sozialer Kommunikation und kontextualisiert diese
innerhalb entwicklungspsychologischer Schritte der Reifung,
Strukturbildung und sozialen Interaktion: Wenn Verlustangst und
Egoismus wesentliche Eigenschaften des Subjekts seien, bedürfe es
der Reflektions- und Kommunikationsfähigkeiten desselben Subjekts,
um innerhalb »immer wiederkehrender Abwehr-, Opfer- und
Kommunikationsrituale« die Tauschverhältnisse nicht »in bewusstlose
Natur regredieren zu lassen« (S. 132).
Vor der Matrix bis zur Unkenntlichkeit verdinglichter
gesellschaftlicher Verhältnisse und des Fetischs ›Geld‹, das eine
reale Gestalt und Gewalt annehmende ökonomische Kategorie
darstellt, leistet Hannes Gießler – wie die Terminologie bereits
anzeigt – eine Re-Lektüre marx/'scher Wertformanalyse. Der Autor
erörtert Fragen der gesellschaftlichen Gewaltverhältnisse, der
Kluft von Rechtsnorm und Rechtsrealität und der marx/'schen
Sozialutopie einer ›Aufhebung‹ des Geldes. Mit Bezug auf Adornos
Ausführungen zur negativen Dialektik der Abschaffung des
Äquivalenzprinzips schließt er: »Nach den Erfahrungen des 20.
Jahrhunderts stellt sich neben der Frage, ob das Äquivalentprinzip
herrschen soll, die Frage neu, was genau an die Stelle
verdinglichter ökonomischer Formen, etwa anstelle des Geldes,
treten könnte und sollte. In der Auseinandersetzung darf dabei
nicht vergessen werden, dass die Gründe, die Marx für die Aufhebung
des Systems allseitiger sachlicher Abhängigkeit angibt,
fortbestehen. Bei allen Gefahren, die sie birgt« (S. 154).
Martin Eichler fokussiert den Zusammenhang von Geld und
Gerechtigkeit, von Macht und Freiheit Im Gebrauch von Geld, von
›perversem‹ und ›gerechtem‹ Tausch. Anhand der aristotelischen
›Nikomachischen Ethik‹ definiert er die Gerechtigkeit der
Tauschverhältnisse nicht über Bedürftigkeit bzw. Bedarf: Der Bedarf
ist bei ihm »weniger das Wesen als vielmehr die notwendige
Bedingung des Tausches« (S. 166). Innerhalb der Tauschverhältnisse
werden die Dinge in Beziehung, wird Verhältnismäßigkeit gesetzt,
wobei das Geld ein gemeinsames Maß zur Verfügung stellt und jenes
Mittel ist, mit dem auch für Ungleiches eine messbare Identität
hergestellt wird: »Die Gleichheit stellt sich erst im Nachhinein
ein« (S. 167). Für eine Gerechtigkeit des Tauschs stellt sich
einerseits die Frage nach dem adäquaten Mittel (Verbindungs- und
Ermittlungsmedium) idealer Gleichheit, andererseits nach dem
gerechten Richter über die Verteilung ökonomischer Güter …
Der Schlussbeitrag von Sonja Witte rekurriert auf das von Santiago
Sierra initiierte Projekt eines Tauschs von Geld gegen Körper: In
seinen Performances kauft der Künstler menschliche Körper für
Handlungsabläufe, wie bspw. ein filmdokumentiertes Projekt ›Zehn
Personen, die dafür bezahlt werden zu masturbieren‹ (2000) oder das
an Folter erinnernde (Kunst?-)Werk ›160 cm lange Linie auf vier
Personen tätowiert‹ (2000), ähnlich die Performance ›Eine jemandem
gegen Bezahlung eintätowierte Linie von 30 cm Länge‹ (2004). Mit
seinen Arbeiten radikalisiert Sierra, wie die Autorin anhand eines
kriminalistischen Katechismus (Was – Wer – Wann – Wo – Wie –
Weshalb?) konzise herausarbeitet, die Tatsache, dass »der im Tausch
gestiftete Zusammenhang der Elemente Geld, Arbeitskraft und Ware
[als] eine schräge Pose der kapitalistischen Realität« darstellbar
ist (S. 189). Dem Künstler geht es um den »Zweck der der
Verausgabung von Geld für Ausbeutung um der Ausbeutung willen, für
die brutale Aneignung der Körper als Ware gegen Bezahlung« (S.
188). Doch in diesen Inszenierungen des – scheinbar – klassisch
kapitalistischen Tauschs von Geld gegen die Ware ›Arbeitskraft‹
fehlt etwas Entscheidendes: Abseits des sadistisch angelegten
Selbstzwecks dieser brutal-provokanten ›Kunst‹ fehlt jenes
Momentum, das Zweck und Resultat des Kapitalkreislaufs ist: die
Akkumulation von Mehrwert. Das heißt, »in die Form eines
ästhetischen Indizes gebracht, stellt sich am Geld als Element der
Kunstperformance zugleich der Fetisch des Geldes in Kapitalform
dar« (S. 189).
Diskussion
Wie immer bei Sammelbänden, hat eine solche Zusammenstellung ihre
Stärken und Schwächen: Nicht wirklich deutlich geworden ist das zu
unterstellende – die plakative Programmatik ›Kritische Theorie und
Psychoanalytische Praxis‹ und das angesagte Thema ›Geld‹
übersteigende – Erkenntnisinteresse. Bedauerlicherweise wird der
aus gesellschaftskritischer wie subjekttheoretischer wie
psychoanalytischer Perspektive in den Alltags- und
Wissenschaftsdiskursen vernachlässigte Topos weder grundlegend
historisiert noch differenzierter kontextualisiert und/oder
wissenschaftskritisch durchdekliniert. Dies dürfte einer
Rückbindung an die psychoanalytische Praxis geschuldet sein, ist
damit in seiner ›Praxisrelevanz‹ durchaus
erfreulich/sympathisch/angemessen. Andererseits aber ist der im
Vorwort mit Referenzen auf Horkheimer und Adorno implizierte
Anspruch gleichzeitiger philosophischer/erkenntnistheoretischer
Metareflexion schlechterdings nicht einzulösen.
Dennoch gefällt der Band mit seinen einerseits selbstreflexiven
Positionierungen der psychoanalytischen Kollegen, andererseits
subjekttheoretischen Modellbildungen, wie sie Jean Clam, Robert
Heim vornehmen, und den Reformulierungen der Tausch- und
Äquivalenzprinzipien bei Hannes Gießler und Martin Eichler. Während
die psychoanalyse-bezogenen Beiträge in einem solchen Band nicht
überraschen und den diesbezüglichen Anspruch des ambitionierten
Projekts einlösen, hat der lacanianische Ansatz psychoanalytischen
Denkens seinen eigenen epistemologischen Charme: Indem das Subjekt
als ein – den Signifikantenverhältnissen, damit aber auch den
Warenverhältnissen – unterworfenes, als ein ›gebarrtes‹ Subjekt
gedacht und diesem (als ethischem Subjekt) abverlangt wird, sein
Begehren weder aufzugeben noch ihm angesichts vielversprechenden
›Mehrgenießens‹ nachzugeben, bewegen sich diese Autoren in einem
diskursiven Raum, der durch eine territoriale Dialektik intra- und
intersubjektiver Verhältnisse, einen ontologischen Status des
fundamentalen Mangels und dessen subjektkonstitutive Alienation
charakterisiert ist.
Was den Reader gekonnt abschließt, ist Sonja Wittes Dramatisierung
der leiblichen Warenverhältnisse als Dramaturgie und Verkörperung
der wahren Verhältnisse des Subjekts: Anhand der ethisch
fragwürdigen, unbedingt angreifbaren Einschreibungsaktionen, der
kafkaesken Dimension (…) dieser sinnlosen Inszenierung materieller
Verfügungsgewalt wird eine sonst verleugnete Verobjektivierung,
Instrumentalisierung und Selbstinstrumentalisierung des Subjekts in
seinem Begehren, seinen Abhängigkeiten, seinen Überschreitungen
ebenso schamlos vorgeführt wie konfrontativ gespiegelt. Damit
befindet sich Witte auf der Spur jenes Entwurfs von Pierre
Klossowski, in dem dieser die »Kapitalisierung des Leibs«
dahingehend weiterdenkt und skandalisiert, dass dieser menschliche
Leib selbst zu einem Ort der Produktion wird, zur »lebenden Münze«
(1998) schlechthin.
Hinsichtlich der Beziehung von Kritischer Theorie und Psychoanalyse
hat Pierre Legendre (1999) darauf aufmerksam gemacht, dass der
Prozess des ›vitam instituere‹, der Instituierung oder Ein /Setzung
des Menschen als Mensch, durch soziale Systeme in Form
gesellschaftlicher Institutionen unterschiedlichster Art
wahrgenommen wird. Obschon diese Sozialisationsbedingungen als
soziale Matrix ausschließlich in intersubjektiven Verhältnissen ge-
und erlebt werden, insofern also konkret sind, bleiben die
gesellschaftlichen Verhältnisse selbst unpersönlich, lebensfern,
ideologisch, mithin abstrakt, sodass die vergesellschafteten
Subjekte »von Abstraktion beherrscht« werden, wie Karl Marx (1953,
82) dies pointiert formuliert. Dementsprechend konvergieren hier
psychoanalytische und marxistische Theoriebildung mit der Auf
/Forderung, »die Spannung zwischen Individuum und Gesellschaft […]
auszuhalten, […] ohne sie zu verdinglichen« (Jacoby 1975, 962) oder
reduktionistisch zu verkürzen und zu entstellen. »Psychoanalyse und
historischer Marxismus müssen koexistieren. Die soziale Welt lässt
weder aus dem Bewusstsein noch aus dem Unbewussten der Subjekte
sich erklären«, wenngleich beide Disziplinen – so Helmut Dahmer
(1971, 64) – „im ihnen gemeinsamen ›Objekt‹, dessen
Eigentümlichkeit es ist, dass es Subjekt werden kann,
zusammentreffen“ und hierin – auch – »ihre (einstweilen)
unaufhebbare Differenz« finden. Dieses Spannungsfeld von
Theorie(n), abstrakten Gesellschaftsbedingungen (›Geld‹) und
konkretem Er-/Leben (arm/reich/geizig/freigiebig/raffgierig… sein)
stellt der vorliegende Sammelband nicht nur her, sondern nimmt eben
auch Umspannungen vom einen in das andere Paradigma vor.
Fazit
Mit Thesen zur Realisierung des Habens und zur Realität des Geldes,
zur Symbolisierung des Begehrens und der halluzinatorischen
Wunscherfüllung kommt Clam zum Befund, es bestehe »ein unheilbarer
Gegensatz zwischen Psychoanalyse und materialistischer Theorie und
Praxis« (S. 78). Die damit ebenso angesagte wie bestrittene
Parallaxe beider Diskurse wird in diesem Sammelband neu gedacht, in
diesem Nachdenken reaktualisiert und gelungen als komplementäres
Diskursverhältnis vorgeführt.
Damit ist dieser Reader nicht nur intelligent, kritisch, politisch,
psycho- und analytisch, sondern er schließt eine Kluft – nicht etwa
als palavernder Lückenbüßer, sondern als ein vielseitiger,
mehr-/stimmiger Versuch, die totalisierende Systematik
sozio-ökonomischer Gesellschaftstheorie(n) über die Achse des –
psychoanalytischen – Subjekts zu brechen, durch Fokussierung des
subjektiven Faktors zurückzunehmen und jene Leerstelle zu
schließen, die die historisch-marxistische Theoriebildung ließ bzw.
eröffnete. Vorausgesetzt wird dabei ein ohnehin möglicher und
statthafter Dialog zwischen kritischem und klinischem Diskurs.
Diesbezüglich erörtert Richard Lichtman (1990, 23) in seiner
Diskussion einer ungewissen Vereinbarkeit von Marx und Freud u. a.
die Fragestellung, inwieweit das eine Paradigma »die Basis abgeben«
kann, »auf der das andere integriert« werden könnte: »Und was am
allerwichtigsten ist: was ist die politische Dimension dieser
Frage? Wenn wir diese letzte Frage nicht beantworten können, sind
die anderen nur wenig relevant.« Die AutorInnen dieses Bandes
liefern – man ahnt es längst – eine solche politische Programmatik
mitnichten … und entgehen damit der Verführung simplifizierender
Konzepte und/oder vereinseitigender Rezepte.
Inhaltlich stellt dieser lesenswerte Reader also eine
anspruchsvolle, schulen- und modellübergreifenden Ritt durch die
Achterbahnen des Begehrens, die Wechselkurse des symbolischen
Tauschs, die extimen Räume der Intersubjektivität, die Ab-/Gründe
jeder Subjektstruktur, die Vexierbilder psychoanalytischer
De-/Konstruktion, die Sümpfe kapitalistischer Ökonomie zur
Verfügung.
Publizistisch verwirklichen die Herausgeber jenen ethischen
Diskurs, den François Lyotard (1984) den »Avantgarden« als Halten
einer »Widerstandslinie«, als »Verantwortung« der Intellektuellen,
widerstehend wenigstens »Zeugnis abzulegen«, abfordert.
Literatur
• Bornemann, E. (1973). Psychoanalyse des Geldes. Frankfurt a.M.:
Suhrkamp
• Dahmer, H. (1971). Psychoanalyse und historischer Materialismus.
Lorenzer, A.; Dahmer, H.; Horn, K.; Brede, K. & Schwanenberg, E.
(Hrsg.). Psychoanalyse als Sozialwissenschaft (60-92). Frankfurt
a.M.: Suhrkamp
• Jacoby, R. (1975). Negative Psychoanalyse und Marxismus.
Überlegungen zu einer objektiven Theorie der Subjektivität. Psyche,
29 (11), 961-990
• Klossowski, P. (1998). Die lebende Münze. Berlin: Kadmos
• Lacan, J. (1968). De la plus-value au plus-de-jouir. Lacan, J.
(2006). Le Séminaire, livre XVI: D/'un Autre à l/'autre (11-25).
Paris: Seuil
• Lacan, J. (1979). Radiophonie. Lacan, J. (2001). Autres Écrits
(403-447). Paris: Seuil
• Legendre, P. (1999). Sur la question dogmatique en Occident.
Paris: Fayard.
• Lichtman, R. (1990). Die Produktion des Unbewussten. Die
Integration der Psychoanalyse in die marxistische Theorie. Hamburg
Berlin: Argument
• Marx, K. (1953). Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie
(Rohentwurf). Berlin: Dietz
1 Jacques Lacan (1968) leitet seinen Neologismus »plus-de-jouir«
(Mehr-Genießen) aus dem Mehrwert-Begriff bei Marx her, wobei er
diese Ökonomie des Genießens an anderer Stelle lakonisch »Marxlust«
tauft (Lacan 1970, 434).
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