Rezension zu Eltern heute - Bedürfnisse und Konflikte
Corax. Magazin für Kinder- und Jugendarbeit in Sachsen. Ausgabe 5/2011
Rezension von Jacqueline Hofmann
»Dies soll kein nächster Ratgeber sein« so schließt der Autor Thilo
Maria Naumann das Vorwort des Buches »Eltern heute – Bedürfnisse
und Konflikte Psychoanalytisch pädagogische Elternarbeit in der
Kita« ab. Und schnell wird auch dem Leser klar, dass hier nicht das
Zusammenstellen von Anleitungen im Vordergrund steht, sondern, dass
der Autor mit diesem Buch vielmehr zu einer neuen pädagogischen
Haltung in der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Eltern
beitragen möchte. Diese Haltung ist geprägt von »unbewussten
Affekten, mit Gefühlen und Bedürfnissen bei allen am pädagogischen
Prozess Beteiligten« sowie dem »Verstehen als fachlich fundierte
Folge und Bedingung pädagogischen Handelns«. (S. 15)
Das Buch beginnt mit einer Einführung in die kindliche Entwicklung
und die Bedeutung der Beziehung und Bildung von pädagogischen
Bezugspersonen. Dieses Kapitel fällt vor allem durch die vielen
verwendeten Fachbegriffe und die sehr theoretische Abhandlung auf,
so dass es den Leser bereits zu Beginn sehr viel Motivation kostet,
weiterzulesen. Positiv ist zu vermerken, dass der Autor bereits
hier mit ersten praktischen Beispielen arbeitet. Das folgende
Kapitel beschäftigt sich mit der Rolle der Eltern und den
Bedürfnissen aber auch Konflikten die entstehen können. Leider gibt
das Inhaltsverzeichnis nicht die Vielfältigkeit dieses Kapitels
wieder, da der Autor hier viele Teilüberschriften auslässt. So geht
der Autor auf viele Gründe von psychosozialen Belastungen – wie zum
Beispiel Trennung, Migrationshintergrund und Behinderung – in
Familien ein. Auch auf wohlgemeinte Belastungen der Eltern, welche
jedoch zu einem Leistungsdruck bei den Kindern führen können, geht
Herr Naumann ein.
Im letzten Kapitel steht die psychoanalytisch pädagogische
Elternarbeit in der Kita im Mittelpunkt. Dieses Kapitel wird
ebenfalls durch praktische Beispiele anschaulich dargestellt. Dabei
nimmt der Autor auf wichtige alltägliche Situationen und Aufgaben
in der Kita Bezug. Anzumerken ist, dass der Schwerpunkt auf der
Elternbildung liegt. Der Autor vernachlässigt dabei das Konstrukt
Familie in seiner Gesamtheit. Gerade dann, wenn sie einen wichtigen
Teil der Erziehung, Betreuung und Bildung der Kinder übernehmen,
sollten auch Großeltern und andere Beteiligte in die Betrachtung
der Familienbildung mit einbezogen werden.
Herr Naumann stellt in seinem Buch viele verschiedene Facetten
innerhalb der Arbeit mit Eltern und Kindern dar. So greift er den
Zusammenhang zwischen Erziehung und Aggression, schwierigen
Familienverhältnissen, die Bedeutung der Erziehungsberatung und
vieles mehr auf. Dem Leser werden dadurch vielfältige Inhalte im
Überblick geboten, die den Ausgangspunkt für tiefgründigere
Recherchen bilden können.
Fazit:
Wer einen Ratgeber mit aufgearbeiteten Methoden sucht, wird von
diesem Buch enttäuscht sein. Allen Lesern, die aber auf der Suche
nach einer pädagogischen Grundhaltung sind, die geprägt ist von
Verstehen, von Gefühlserkennen und von Bedürfnisbefriedigung, denen
ist dieses Buch durchaus zu empfehlen. Positiv hervorzuheben ist
hierbei die Ausführlichkeit, in der Herr Naumann auf die
Wichtigkeit guter Beziehungserfahrungen eingeht und diese anhand
von praktischen Beispielen verdeutlicht.