Rezension zu Eltern heute - Bedürfnisse und Konflikte

Kinderschutz aktiv Nr. 91, Oktober 2011. Zeitschrift des Österreichischen Kinderschutzbundes

Rezension von Christian Vielhaber

Eltern heute – Bedürfnisse und Konflikte

Die wichtigste These des Buches kann nicht oft genug wiederholt werden: Die kindliche Entwicklung schreitet durch die Verinnerlichung von Beziehungserfahrungen heran.

Nun ja, wichtig mag das wohl sein, aber eigentlich kennt man diesen Anspruch bereits, nicht zuletzt, weil er vielfach bereits zur Norm gelingender Entwicklungsarbeit in Bezug auf Kinder geworden ist. Allerdings zwischen einen Anspruch kennen und diesen Anspruch im Zusammenhang mit der Begleitung von Kindern auch bewusst leben, das sind zwei Paar Schuhe.

Ganz bewusst deklariert Naumann sein Buch nicht als Ratgeber, vielmehr möchte er Eltern dazu verleiten, durch eine intensivere Auseinandersetzung mit psychosozialen Themen eine verstehende pädagogische Haltung zu entwickeln, die ihre Verständigungskompetenz steigert, wenn es um Interaktionen geht, die auf den pädagogischen Prozess und den damit verbundenen Affekten, Gefühlen und Bedürfnissen fokussiert sind.

Dem Autor geht es auch darum, Argumente zu liefern, die die Abhängigkeit positiver Bildungsentwicklung von einer gelungenen Eltern-Kind Beziehung bestätigen. Es ist interessant zu verfolgen, wie sich Naumann seiner Zielgruppe – und das sind zweifellos zum größten Teil Eltern – nähert. Er nimmt seine Leser/-innen nicht einfach an der Hand und beschert ihnen schnelle Erfolgserlebnisse in Form leicht fassbarer Thesen; vielmehr steuert er seine Leseklientel gekonnt zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen, lebensweltlichen Szenarien, praxisbezogenen Erläuterungen und in die Tiefe gehenden persönlichen Erklärungen durch, allerdings mit dem unausgesprochenen Auftrag, sie mögen sich mit dem so differenzierten Inhalt konzentriert auseinanderzusetzen, um letztlich die Früchte ihres Engagements ernten zu können: Gelingende Elternarbeit zur Selbstbildung der Kinder. Dieses Ziel wird erreicht durch die (Mit)Konstruktion pädagogischer Zonen, die kein Zufallsprodukt sind sondern Ergebnisse verantwortungsbewussten Einlassens in eine nicht immer leicht fassbare Thematik.
Wenn es Naumanns Wunsch war, pädagogische Neugierde auf der Basis eines Angebotes zu wecken, das sich der (oft zu) leichten Kost üblicher Ratgeber bewusst widersetzt, dann kann man nur sagen: Ziel erreicht.

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