Rezension zu Narzissmus und Macht
Der Tagesspiegel vom 02.07.2011
Rezension von Caroline Fetscher
»Macht kann wie eine Droge wirken - und wer ihr verfällt, fällt
tief. Der Fall Strauss-Kahn beweist, wie schnell die Mächtigen aus
dem Gleichgewicht geraten können. Das führt aber nicht immer gleich
zum Sturz.«
»Immer dramatischer scheint die Kluft zwischen Macht und Ohnmacht
zu schwinden, wo ehemalige Ministranten einen Bischof stürzen
können oder Zimmermädchen einen IWF-Chef und möglichen
Präsidentschaftskandidaten in Frankreich, wo kleine Bankangestellte
milliardenschwere Steuerdiebe vor den Kadi bringen, oder in Armut
lebende Massen die steinreichen Autokraten von der Spitze ihrer
Staaten fortfegen.«
» In seiner exzellenten Studie zu ›Macht und Narzissmus‹ beschreibt
der Sozialpsychologe Hans-Jürgen Wirth das Dilemma egozentrischer
Machtausübung. Je mehr Machtfülle jemand auf sich vereint, desto
angewiesener wird er zugleich auf andere. Wer das nicht aushält,
weil er in seiner eingebildeten Grandiosität der ›Droge Macht‹
verfällt und daher immer mehr und mehr von diesem Stoff braucht,
der missachtet in seiner Kontrollsucht andere, er überfährt sie und
entgleist.«
»Zum realen Anteil der Angst gehörte die Erfahrung, dass für
Mächtige, ob sie Oppositionelle unterdrücken, Steuern hinterziehen,
Frauen vergewaltigen oder Kinder missbrauchen, oft andere Maßstäbe
galten. Die heutige Dynamik wirkt dem entgegen. Der politische
Klimawandel wird globaler.«
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