Rezension zu Knastmauke (PDF-E-Book)
Berlin Hidden Places, www.berlin-hidden-places.de
Rezension von Alexander Klappoth
Warum geht es den schätzungsweise 200.000 bis 250.000 ehemaligen
politischen Häftlingen der DDR, die mit ihrer Haltung und ihren
Taten maßgeblich zum Fall der Mauer beigetragen haben, heute so
schlecht, warum ist ihre soziale Stellung so prekär? Das unter den
Häftlingen gebräuchliche Wort »Knastmauke« bezeichnet lautmalerisch
und einfühlsam die Zermürbung, den besonderen psychischen Zustand,
der sich nach langer Haft einstellt. Ähnlich wie bei der Unkultur
des Wegschauens und Vergessenes nach dem Ende des Zweiten
Weltkrieges sieht die Autorin, die aus eigener Hafterfahrung weiß,
wovon sie spricht, im Umgang mit den Geschädigten des DDR-Regimes
große Versäumnisse.
Ihre hier vorliegende »Essener Studie« besteht aus einer
qualitativen Auswertung von 30 geführten Interviews mit
Betroffenen, Angehörigen und Spezialisten, sowie aus der
quantitativen Auswertung von 802, von ehemaligen politischen
Gefangenen ausgefüllten, Fragebögen.
Neben der Analyse der unterschiedlichen Haftbedingungen vor 1970,
als physische Folter an der Tagesordnung war und dem Wechsel hin zu
psychischer Folter in den 70er und 80er Jahren wird untersucht, wie
sich die Tatsache ausgewirkt hat, ob die Häftlinge in die BRD
entlassen worden sind oder weiter in der DDR bleiben mussten.
Besonderes Augenmerk gilt der Arbeitssituation, mit der die
Häftlinge nach ihrer Entlassung konfrontiert waren. Die
marginalisierte Situation, die die Betroffenen in der DDR erdulden
mussten, scheint sich in der BRD fortgesetzt zu haben. Beim
Bearbeiten der erlittenen Traumata wie bei dem Versuch, auf dem
Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, wurden sie auch von der BRD-Regierung
weitgehend im Stich gelassen.
Das Ziel der Arbeit war die Untersuchung der Langzeitfolgen von
Haftbedingungen auf die körperliche und psychische Gesundheit von
politischen Gefangenen in der DDR, sowie der gesellschaftliche
Umgang mit den ehemaligen Häftlingen im wiedervereinten
Deutschland.
Das Buch ist ein wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung der jüngsten
deutschen Geschichte und wendet sich gegen die gängige Praxis, die
Opfer mit ihren Problemen alleine zu lassen.
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