Rezension zu Der halbe Stern
Newsletter – Herausgegeben vom Verein EL-DE-Haus Nr. 30 Juni-August
Rezension von Fritz Bilz
»Zwischen den Stühlen« – »irgendwie dazwischen«
Bislang wenig erforschte Verfolgungsgeschichte in der NS-Zeit
Diese Publikation gibt die Hauptreferate der Tagung »Sag bloß
nicht, daß du jüdisch bist« wieder, die im März 2009 in Berlin zur
Thematik der sogenannten »Halbjuden, Vierteljuden und Mischehen«
durchgeführt wurde. Diese von den Nazis geprägten Bezeichnungen
stigmatisierten Menschen, deren Eltern nur zu einem Teil Juden
waren und die eine besondere Verfolgungsgeschichte durchlitten
hatten. Am Anfang der Publikation stehen die Darstellung des
Antisemitismus und der Umgang der Gesellschaft mit Juden und
Konvertiten vom frühen Mittelalter bis zur Neuzeit. Dem Umfang des
Personenkreises folgen die Etappen der widersprüchlichen
NS-Rassepolitik gegenüber »Mischlingen« durch die verschiedenen
Institutionen und Regionen. Dabei wird in einem Aufsatz
herausgearbeitet, dass besonders im Rhein-Main-Gebiet eine
schärfere Verfolgung und Diskriminierung dieser Menschen stattfand
als im übrigen Reichsgebiet. Dazu gehören auch die zunehmenden
Einschränkungen im Bildungs-, Beschäftigungs- und Kulturbereich.
Mit Kriegsbeginn eskalierten Einschränkungen und Verfolgungen.
Abgerundet wird dieser allgemeine Teil durch die Darstellung, wie
die Nachkriegsgesellschaft mit diesen verfolgten Menschen
umgegangen ist, deren Stigmatisierung bis weit in die 1980er Jahre
hineinreichte.
Einen breiten Raum nehmen im zweiten Teil die Zeitzeugenberichte
aus der Zeit vor und nach 1945 ein. Oft war es erst der ersten und
zweiten Nachkriegsgeneration möglich mit der Aufarbeitung der
Verfolgungsgeschichte in der Familie zu beginnen. Die Publikation
gibt für Laien Informationen für einen ersten Einstieg in die
Problematik der »Mischehen« sowie der verfolgten »Halbjuden« und
»Vierteljuden«. Für eine Vertiefung der Problematik empfiehlt es
sich, auf die zahlreiche grundlegende Fachliteratur zu diesem Thema
zurückzugreifen. Die Bibliothek des NSDokumentationszentrums ist
dafür der richtige Ort.