Rezension zu Der kleine Vogel heißt Goral
WIZOFrankfurt Magazin 2011, Zeitschrift der »Women’s International Zionist Organisation«
Rezension von Simone Graumann
Ruth Koren beschreibt in ihrem Buch die Geschichte ihrer Familie in
Leipzig. Leo, ihr Vater war das zehnte Kind des Altmetallhändlers
Hersch Freier und seiner Frau Emma Rachel. Sie erzählt das Leben in
der Großfamilie aus seiner Sicht. Während der Nazizeit wird die
Familie auseinander gerissen. Fünf Geschwister von Leo Freier
werden mit ihren Familien in den Lagern ermordet, doch Einigen
gelingt noch die rechtzeitige Flucht nach Palästina. Leo Freier
selbst wird aus dem Lager Stutthof befreit, aber er muss mit dem
Verlust seiner beiden Beine klarkommen. Die Krankenpflegerin in dem
russischen Krankenhaus, in das er verlegt wird, wird seine spätere
Ehefrau. Ruth Freier wird 1948 geboren und 1953 flieht die Familie
in den Westen, nach Frankfurt. Dort wird Leo Freier der Verwalter
des Jüdischen Friedhofes. 1969 wandert Ruth Freier nach Israel aus
und lebt seitdem, inzwischen verheiratet und Mutter dreier Kinder,
in Tel Aviv und Herzliah.
Der Untertitel ihres Buches heißt »Eine jüdische
Familiengeschichte« – und genau die beschreibt Ruth Koren
einfühlsam, bewegend, eindringlich und nachdrücklich. Sie lässt in
ihrem Bericht eine ausgelassene Familienwelt vor dem Krieg
auferstehen, beschreibt aber auch genau, klar und deutlich die
Grauen der Verfolgung und die Hoffnungslosigkeit des Krieges. Sie
erzählt von Heimatlosigkeit, Flucht und Emigration, aber auch von
Hoffnung, Mut und Zuversicht. Und das gelingt ihr in einer so
persönlichen Art und Weise, dass man in diesem Buch bis zum Ende
gefangen bleibt.