Rezension zu Intimmodifikationen
www.uni-online.de
Rezension von Henrik Mertens
Das Buch »Intimmodifikationen, Spielarten und ihre psychosozialen
Bedeutungen« behandelt das weite Themengebiet von Intimpiercings,
Intimrasuren, aber auch das gesellschaftskritische Themengebiet der
Intimverstümmelung, kurz FGM. Das Buch ist von den Autoren Ada
Borkenhagen, Prof. Dr. Phil. Habil. Universität Marburg und Elmar
Brähler, Prof. Dr. rer. Biol. Hum. Habil. Universität Leipzig
herausgebracht wurden. Es hat 219 Seiten und wurde vom
Psychosozial-Verlag gedruckt.
Die einzelnen Kapitel des Buches sind noch mal von verschiedenen
Autoren, die sich auf die Fachbereiche spezialisiert haben,
geschrieben worden.
Das erste Kapitel bietet eine Einführung in das Themengebiet und
führt in die Komplexität der behandelten Materie ein. Es zeigt zum
einen auf, was unter Intimmodifikation zu verstehen ist und zeigt
auch den geschichtlichen Kontext von Intimmodifikation der
verschiedensten Arten auf.
Danach wird durch Erich Kästner auf die Intimmodifikation bei
Männern eingegangen. Hier wird gezeigt, dass es schon immer gang
und gäbe war das männliche Glied »zu verschönern«, bzw. es mehr zu
betonen und es durch Piercings oder Tattoos hervorzuheben. Früher
hatte dies oft gesellschaftssoziale Funktionen, wohingegen heute
solche Praktiken oft in der SM- oder Homosexuellenszene zu finden
sind. Ein Phänomen der Neuzeit ist es, dass diese Modifikationen
durchaus von breiten Gesellschaftsschichten assimiliert werden und
dadurch gesellschaftliche Akzeptanz erlangen.
Die Autoren gehen im zweiten Kapitel auf die heutzutage vor allem
in der jüngeren Generation durchaus üblichen Intimrasur ein. Hier
wird zwischen Teil und Vollrasur unterschieden. Auch zeigen die
Autoren die unterschiedliche Verbreitung der Intimrasur anhand des
Alters der Personen auf. Allgemein ist hier zu sagen, dass die
Intimrasur vor allem in der Altersschicht zwischen 15 und 30 Jahren
sehr verbreitet ist und sowohl von Frauen, als auch von Männer
praktiziert wird. Unterstützt werden die Behauptungen durch
repräsentative Umfragen und Interviews, die mit Betroffenen
durchgeführt wurden.
Hiernach widmet sich das Buch dem Thema der plastischen Korrektur
des weiblichen Geschlechtes. Hier wird gezeigt, dass Frauen
versuchen, dem von den Medien gezeigten Bild eines weiblichen
Körpers nachzueifern und sich durch operative Eingriffe versuchen
diesem Ideal anzunähern. Besonders große, innere Schamlippen werde
bei Operationen verkleinert und so an das vorherrschende Ideal
angepasst. Durch Bilder kann der Leser sich einen Überblick über
die Veränderungen machen. Neben den rein kosmetischen Veränderungen
des weiblichen Geschlechtsorgans gibt es auch noch die medizinisch
notwendigen operativen Optimierungen des Geschlechts. Hier ist
durch einen angeborenen Fehler die Anatomie des Organs so, dass
durch einen medizinischen Eingriff der bestehende Defekt gelöst
werden muss.
Im Folgenden werden kritische Fragen zu dem Thema aufgeworfen und
es wird versucht das Themengebiet der rein kosmetischen Veränderung
der Geschlechtsorgane ethisch zu betrachten. Eine Vielzahl der
Eingriffe ist medizinisch nicht notwendig und das wirft natürlich
die Frage auf, ob medizinische Eingriffe in einen gesunden
menschlichen Körper überhaupt notwendig oder überhaupt sinnvoll
sind. Auch wird gesagt, dass es sich bei der Anpassung der
Geschlechtsorgane an herrschende Moden nur um eine vorübergehende
Erscheinung handelt und sich das Modeverständnis auch wieder ändern
wird.
Ab hier macht das Buch einen kleinen Bruch und es wird sich meiner
Meinung nach tiefgründigeren Themengebieten gewidmet, die wirklich
den Mensch in seiner sozialen und kulturellen Struktur betreffen.
So wird im nächsten Kapitel die Rekonstruktion des
Jungfernhäutchens behandelt. Dies geschieht vor allem in muslimisch
geprägten Gesellschaften und ist für die Frau insoweit essentiell
notwendig, als dass Sie andernfalls keinen Mann findet und
ausgestoßen wird. Auch hier werden die verschieden Methoden, wie
man ein Hymen rekonstruieren kann, aufgezeigt und genau erörtert.
Das nächste Thema ist noch tiefgreifender und erzählt die
Geschichte der Weiblichen Genitalverstümmelung. Hier wird zum einen
die Geschichte erklärt, zum anderen wird der kulturelle und
geschichtliche Kontext der FGM erklärt und es wird gezeigt, dass
diese Praxis doch sehr häufig tief in der jeweiligen Kultur
verwurzelt ist und man sich mit den Hintergründen der Anwendung
dieser Praxis auseinander zu setzen hat, bevor man versuchen kann
gegen die FGM anzugehen. FGM ist heutzutage eher ein Problem der
afrikanischen Staaten, wird aber durch Einwanderer immer häufiger
auch ins Abendland getragen. NGO’S und andere Hilfsorganisationen
versuchen durch Aufklärungskampagnen und Gesetze die FGM
einzudämmen und die Menschen zu sensibilisieren. Am Beispiel von
Benin wird ein typischer Fall der FGM aufgezeigt und es wird auch
ein Weg gezeigt, der gegangen werden kann, um die FGM im Staat
wirksam zu bekämpfen.
Zum Abschluss widmet sich das Buch der Beschneidung von Männern und
zeigt hier die unterschiedlichen Methoden und Ursprünge der
Beschneidung je nach Kultur und Land auf.
Ich muss gestehen, dass ich am Anfang, als ich das Buch zum ersten
mal zur Hand nahm sehr skeptisch war. Ich wusste nicht genau was
mich erwartet und dachte ich würde ein wenig was über Modifikation
von Intimbereichen erfahren und etwa ein Buch über Tattoos und
Piercings lesen. Aber dem war nicht so. Das Buch stellte sich als
tiefgehender als gedacht heraus und hat vor allem durch den letzen
Bereich, in dem es um FGM geht meine Sichtweise der Dinge etwas
realisiert. Auch der psychologische Tiefgang und die genaue
Aufarbeitung der einzelnen Bereiche hat mich sehr überrascht und
begeistert. Das Buch hat es gut geschafft dem Thema gerecht zu
werden und sich meiner Meinung nach auf eine sehr angemessene Art
und Weise einem sehr modernen, aber vor allem, was die FGM angeht,
auch einem sehr ernsten Thema angenähert.
Zu empfehlen ist das Buch jedem der sich mit dem Themengebiet der
Intimmodifikation einmal genauer auseinander setzen will und
genauso wie ich über wenig Vorwissen verfügt.
www.uni-online.de