Rezension zu Das Freud-Museum in London

www.uni-online.de

Rezension von Martina Rehan

Zwölf Jahre nach dem Erscheinen der englischen Ausgabe, liegt nun die deutsche Übersetzung des Museumsführers von Udo Gerner vor. Wie zu erwarten, wird das Haus in London-Hampstead in den Maresfield Gardens 20, wo Freud von Juni 1938 bis zu seinem Tode im September 1939 lebte und seine verschiedenen Zimmer, deren noch vorhandene Einrichtung, das Mobiliar, die Kunstgegenstände, Fotografien und Bilder aufgezählt und erläutert.
Aber es ist viel mehr als dies. Der Verfasser geht auf Freuds Leben im Gesamten ein. So beginnt er mit der Schilderung des Erwerbs des Hauses und stellt dieses in einen gesamtgeschichtlichen Zusammenhang. Er erläutert die damalige Lebenssituation Freuds und dessen Flucht von Wien nach London. Man erfährt Freuds Biographie, seine Etappen und erreichten Zwischenziele, seine Entwicklung in sowohl beruflicher, wissenschaftlicher als auch persönlicher Hinsicht. Jede Fotografie, jeder Einrichtungsgegenstand wird in seiner ganz eigenen Bedeutung erläutert und dem Leser näher gebracht. Die Fotos faszinieren und die Erläuterungen dazu noch mehr. Man lernt Sigmund Freud und seine Familie, seine Freunde und Anhänger von einer ganz anderen, auch privaten Seite kennen. Beeindruckend sind die vielen Zitate aus dem regen Briefverkehr Freuds mit Freunden und Kollegen. Die dargestellten Bilder und Fotografien lockern den Text auf und vermitteln dem Leser eine ganz eigene Welt. Hier wird sehr viel im Detail erläutert und in einen Gesamtzusammenhang gestellt. Jedes Bild, jede Fotografie wird von mehreren Seiten beleuchtet, die Bedeutung für Freud selbst und auch für sein Leben und Werk. Selbst der Freud-Kenner kann hier noch sehr Interessantes und wenig Bekanntes erfahren. Man sieht auch Freud auf eine eher private Ebene, lernt ihn von einer anderen Seite kennen. Auch wird mit psychoanalytischen Deutungen und Bewertungen der Dinge, mit denen er sich umgab, nicht gespart. Wirklich beeindruckend ist natürlich an erster Stelle die Beschreibung seines Arbeitszimmers und hier vor allem die allseits bekannte Couch. Diese wird auch im Buchumschlag sehr prägnant und farblich hervorgehoben dargestellt.
Beeindruckend ist letztendlich auch das geschilderte Familienleben, Freuds beruflicher Werdegang, seine Liebe zu Antiquitäten, seine über 2000 Kunstobjekte umfassende Sammlung, die sich im gesamten Haus verteilt. Auch seine Tochter Anna Freud spielt eine wesentliche Rolle. Auch ihr Leben wird im Detail beschrieben. Am Ende folgen eine kurze Chronologie von Freuds Leben und auch von Anna Freud, eine historische Chronologie der Geschehnisse ab 1856 bis 1939 sowie eine Übersicht über Freuds Werke. Auch Hinweise zu weiterführender Literatur werden gegeben.
Insgesamt ist es also ein Führer, der sicherlich den Leser gut informiert und auf den Besuch vor Ort sehr gut vorbereitet. Aber darüber hinaus ist es auch eine, wenn auch knappe Einführung in die Person und das Leben Sigmund Freuds. Ich denke es ist generell ein guter Beitrag um das Interesse und das Wissen um diese große Persönlichkeit aufrechtzuerhalten und auch Generationen nach dessen Tod auf ihn aufmerksam zu machen und ihn damit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Er lebt sicherlich in seinem Werk und seinen Nachfolgern weiter, aber es ist auch wesentlich, dass eine breitere Schicht der Bevölkerung um ihn weiß.

Dieses 183 Seiten umfassende Buch ist jedem zu empfehlen, der Sigmund Freud auch mal auf einer eher privaten, ganz ungezwungenen Ebene kennen lernen möchte. Es gewährt einen Blick in seine ganz persönliche Welt.

www.uni-online.de

zurück zum Titel