Rezension zu Sie küssen und sie schlagen sich
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Rezension von Sarah Lehnert
Das vorliegende Buch »Sie küssen und sie schlagen sich - Das
Dr.-Jekyll-und-Mr.-Hyde-Muster in Misshandlungsbeziehungen« wurde
von Barbara Kiesling verfasst. Es ist gerade neu, also im Jahre
2010 im Psychosozial-Verlag erschienen. Der Psychosozial-Verlag ist
ein Verlag, der psychologische und sozialwissenschaftliche Bücher
und Zeitschriften veröffentlicht.
Dr. phil. Barbara Kiesling ist Diplom-Eheberaterin. Seit 1978 hat
sie als Sozialpädagogin Menschen in Krisensituationen beraten. Sie
promovierte an der FU Berlin in den Fachbereichen
Erziehungswissenschaften und Psychologie. Schon in ihrer
Doktorarbeit untersuchte sie Misshandlungsbeziehungen am Beispiel
von Frauen, die ihren Partner getötet haben. Weitere Bücher und
qualitative Studien über dieses Thema folgten. Man kann also sagen,
dass sich Barbara Kiesling in diesem Themengebiet sehr gut auskennt
und schon viel Praxiserfahrung hat.
Das Inhaltsverzeichnis ist sehr übersichtlich, da man die
jeweiligen Kapitel sowie Unterkapitel vorfindet. Es besteht aus
vier Kapiteln. Die Kapitel und die Unterkapitel lauten wie
folgt:
I. Dr. Jekyll und Mr. Hyde – Die Strukturen der Partner in
Misshandlungsbeziehungen
Was sind das für Menschen?
Borderline-Persönlichkeiten oder Menschen mit einer
Posttraumatischen Belastungsstörung?
Die Entstehung gespaltener seelischer Strukturen
Die Aufspaltung der Lebenswelt
Neurobiologische Erkenntnisse
II. Gespaltene Lebenswelten
»Fliegender Wechsel«
Der Gewaltkreislauf
Why do they stay?
Die Abhängigkeit der Partner in Misshandlungsbeziehungen
III. Das Unbewusste – Die geheimnisvolle Dimension
Spuren des Unbewussten in der Sprache
Auszüge aus der Interpretation von Erzähltexten von Täterinnen
Die Verwirrung der Umwelt
Die Gewalttat als psychischer Notwehrakt
IV. Gewalt kann nicht toleriert werden
Der Mensch ist von Natur aus gut
Hintergründe erkennen – Bewusstsein schaffen
Die derzeitige Praxis
Die Notwendigkeit präventiver Maßnahmen
In Kapitel 1 werden die Täter und Opfer, die in
Misshandlungsbeziehungen leben, näher beleuchtet. Barbara Kiesling
vertritt die Meinung, dass diese Personen unter psychischen
Störungen leiden. Diese Störungen sind ein Resultat aus sehr
schlimmen Kindheitsereignissen. Man muss die Täter von daher auch
als Opfer betrachten und die Opfer auch als Täter. Weiterhin geht
sie auf die Borderline-Persönlichkeitsstörung ein, welche sie mit
zahlreichen Beispielen näher erläutert.
Im 2. Kapitel geht die Autorin auf die Identitätsstörung ein. Hier
nennt sie ein ausführliches Beispiel, welches sie sehr gut erklärt.
Dieses Beispiel wird von ihr schrittweise analysiert.
Anschließend geht sie auf den »Fliegenden Wechsel« (Wechsel in die
andere Lebenswirklichkeit), die Phasen der Gewalt ein und nennt
Gründe, warum Partner in Gewaltbeziehungen sich nicht trennen
können sowie nicht voneinander loskommen.
Das 3. Kapitel beginnt, nach einer Erklärung des Unterbewussten,
mit einer Interpretation von einer Täterin, mit Frau A. und
anschließend mit Frau B. In beiden Fällen geht sie auf die
unterschiedlichen Perspektiven ein bis hin zur Tötungstat. Es ist
schwer nachzuvollziehen, warum Menschen so reagieren und den
Partner sogar töten. Die Täter wechseln in die andere
Lebenswirklichkeit und sehen nicht die Auswirkungen ihrer Tat in
der Realität. Die Autorin möchte, dass man die Taten der Täter
verstehen lernt, was nicht bedeutet, dass man es gut heißen
kann.
In Kapitel 4 plädiert die Autorin für die Öffentlichkeitsarbeit und
dafür, dass Gewalt nicht toleriert werden darf. Sie meint, dass man
die Hintergründe erkennen muss und ein Bewusstsein dafür geschaffen
werden muss. Zudem geht sie auf die heutige Praxis bezüglich
Misshandlungsbeziehungen und Gewalt in Familien ein. Außerdem
stellt sie neue Therapiekonzepte für Misshandlungstäter vor. Sie
beschreibt präventive Maßnahmen mit Eltern, Kindern und erläutert
die große Bedeutung der Aufklärung.
Im Anhang am Ende des Buches werden einige Fachbegriffe erklärt.
Das Cover finde ich sehr ansprechend und wird dem Titel gerecht.
Besonders gut finde ich die zahlreichen Beispiele aus der Praxis,
die den Sachverhalt noch einmal verdeutlichen.
Die Autorin gibt einen weiten Einblick in das Feld von
Misshandlungsbeziehungen und Gewalt in Familien. Zudem räumt die
mit dem Vorurteil auf, dass die Gewalt immer nur von Männern
ausgeht. Beide Geschlechter und Partner sind an den Geschehnissen
gleichermaßen beteiligt. Sie beschreibt, welche Ursachen es gibt,
dass Menschen in Beziehung so werden und beschreibt, was es für die
Kinder in solchen Familien bedeutet. Denn oft finden sich diese
Kinder später in dem gleichen Schema wieder. Das Buch ist sehr
empfehlenswert für Studenten, die im pädagogischen Bereich tätig
sind sowie für Erzieher und für alle, die in Familien mit
Gewalttaten tätig sind oder in solch einer Beziehung leben.
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