Rezension zu Sie küssen und sie schlagen sich
Psychologie Heute Januar 2011
Warum gibt es für Scarlett und Rhett in »Vom Winde verweht« kein
Happy End? Weil sie an einer Liebe festhalten, die unerfüllbar ist.
Wie diesen beiden ergeht es auch so manchen Liebenden im realen
Leben: Sie begehren jemanden, der unerreichbar für sie ist. Die
Gründe dafür liegen in einer frühen Entwicklungsphase
(...)
Es gibt zahlreiche Menschen, die ganz ähnlich wie diese beiden
berühmten Charaktere - an einer Liebe festhalten, die unerfüllbar
bleibt. Doch gerade diese Unerfüllbarkeit der Liebe, die
Unerreichbarkeit des Partners ist die Voraussetzung für ihr
Begehren. Ohne es zu wissen und zu wollen, brauchen sie die Distanz
zwischen sich und dem geliebten Menschen. Genau wie Scarlett und
Rhett können sie nämlich keine wirkliche Nähe zu einem
Liebespartner zulassen.
(...)
Wenn dieses Konzept der psychoanalytischen Theorie zuweilen auch
kritisiert wird, so gibt es doch eine Periode zwischen dem dritten
und fünften Lebensjahr, in der Kinder ein besonderes Interesse für
den gegengeschlechtlichen Elternteil entwickeln. Es ist inzwischen
belegt, dass jedes Kind diese Entwicklungsphase durchläuft, in der
ein Grundstein für sein späteres Liebesleben gelegt wird. Die Phase
setzt ein, wenn das erste sexuelle Begehren erwacht. Das Kind
richtet dieses auf den gegengeschlechtlichen Elternteil und
»verliebt« sich regelrecht in ihn.
In dieser Verliebtheit nimmt sich das Kind keineswegs als das
hilflose Wesen wahr, welches es tatsächlich ist, sondern es erlebt
sich als durchaus gleichwertig mit den Eltern. Durch diese
illusionäre
Vorstellung entsteht im Erleben des Kindes ein Dreiecksverhältnis.
Das heißt: Einer ist plötzlich zu viel. Der gleichgeschlechtliche
Elternteil wird von nun an als Rivale erlebt und als solcher
fortgewünscht. Denn das Kind möchte den begehrten Menschen
natürlich am liebsten ganz für sich allein haben. Dadurch gerät es
jedoch in ein zunächst unauflösbares Dilemma: Es will den
Elternteil, mit dem es konkurriert, natürlich auf keinen Fall
verlieren. Schließlich liebt es ihn unvermindert weiter und fühlt
sich auch nach wie vor auf dessen Liebe angewiesen. Deshalb
entstehen in diesem Konflikt quälende Schuldgefühle.
(...)