Rezension zu Sie küssen und sie schlagen sich

www.libri.de

Rezension von Winfried Stanzick

Das wahre Ausmaß von häuslicher Gewalt kommt in den letzten Jahren erst langsam zum Vorschein. Zum einen, weil sich mehr Menschen, vor allem Frauen; trauen, die Gewalt, der sie ausgesetzt sind, anzuzeigen, durch die Arbeit der Frauenhäuser und durch eine gestiegene öffentliche Aufmerksamkeit. Dennoch hält sich das Vorurteil hartnäckig, dass die Gewalt in der Familie und in Ehen und Beziehungen von den Männern ausgeht und vor allem Frauen die Opfer sind. Ein misshandelnder männlicher Täter und ein misshandeltes weibliches Opfer. So hat es auch über drei Jahrzehnte in das immer stärker den öffentlichen Diskurs dominierenden feministische Weltbild gepasst. Doch die Wirklichkeit ist anders. Und sie wird erst langsam zunächst von der Wissenschaft, und dann zunehmend auch von der Öffentlichkeit wahrgenommen. Langsam setzt sich das Bewusstsein durch, dass in einer Partnerschaft immer beide Partner an allen maßgeblichen Ereignissen beteiligt sind, also auch an der Gewalt, die zwischen ihnen herrscht. Das vorliegende Buch der Eheberaterin und Psychologin Barbara Kiesling geht dieser Frage nach und beschreibt die verborgenen Ursachen, die eine Beziehung zu einer Misshandlungsbeziehung machen oder werden lassen. Dass diese Vorgänge beiden Partner nicht bewusst sind, macht die Tragik des Geschehens aus, die im weiteren darin besteht, dass sich die Kinder aus diesen Misshandlungsbeziehungen oft selbst später als Erwachsene in solchen Konstellationen wieder finden. Barbara Kieslings Buch will dazu beitragen, dass neben dem Verständnis der inneren Dynamik von Misshandlungsbeziehungen vor allem die Kinder aus diesen Beziehungen mehr in den Blick kommen, damit die Spirale der Gewalt in der nächsten Generation durchbrochen werden kann. Für alle, die in irgendeiner Weise mit Familien arbeiten und deren Kindern ein sehr empfehlenswertes Buch.

www.libri.de

zurück zum Titel