Rezension zu ADHS

Analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie, März 2009

Rezension von Hans von Lüpke

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»Den Erfahrungshintergrund der einzelnen Teilnehmer und Teilnehmerinnen bestimmten [...] die unterschiedlichen institutionellen Rahmenbedingungen wie stationäre und ambulante Settings.«

»Ausgangspunkt in seinem einleitenden Kapitel ist für Neraal die Annahme, dass das Verhalten von Kindern mit der Diagnose ADHS eine in doppeltem Sinn »unerhörte Botschaft«darstellt. Nun kommt es darauf an, das Provozierende wie auch das Verschlüsselte darin wahrzunehmen und fruchtbar zu machen. Dabei geht es um Signale für die innere psychische Befindlichkeit, die beziehungsdynamische, die familiär mehrgenerationale und schließlich die soziodynamische Perspektive (Kindergarten, Schule). In seiner einleitenden Darstellung der Ursachendiskussion versteht Neraal die »unspezifischen Oberflächenphänomene« Aufmerksamkeitsstörung, motorische Unruhe und Impulsivität als Ausdruck innerer Spannungszustände, deren spezifische Ursachen erst eruiert werden können, »wenn die Entschlüsselung der Symptomsprache gelingt« (S. 37). So kann die Überaktivität als Fluchtreaktionen auf dem Hintergrund innerer Bedrohungsfantasien, die Aufmerksamkeitsstörung als Abgelenkt-Sein durch Sorgen um Andere (etwa in der Familie) und die Impulsivität als Ausdruck eines inneren psychischen Drucks verstanden werden. Das Umfeld reagiert mit dem Bedürfnis nach Distanz und Befreiung von Schuldgefühlen. Dadurch gewinnen hirnorganische und genetisch orientierte Erklärungsmodelle an Bedeutung. Der psychodynamische Ansatz schließt hirnorganische Faktoren ein, findet jedoch als Erklärungsansatz für das beobachtete Verhalten jeweils darüber hinaus reichende Aspekte. Im Zentrum steht nicht nur die genaue Beobachtung der Szene, in der ein Verhalten auffällig wird, sondern auch die dabei deutlich werdende Beziehungskonstellation. Die Biografie des Kindes von der Schwangerschaft an wird ergänzt durch die Paar- und Familienbiografie – nach Möglichkeit über mehrere Generationen – und die Rolle der oft abwesenden Väter. Der Gegenübertragung wird für das Verständnis der inneren Welt der Kinder besondere Bedeutung zuerkannt.«

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