Rezension zu Körper - Gefühl - Denken
Verhaltenstherapie & Psychosoziale Praxis 2009 41 (3)
Rezension von David Bräuer
»Körper Gefühl Denken – Körperpsychotherapie und Selbstregulation«
herausgegeben von Manfred Thielen ist eine Zusammenstellung von
Beiträgen zum 3. Kongress der »Deutschen Gesellschaft für
Körperpsychotherapie« aus dem Jahre 2007. Die Zusammenstellung der
Beiträge umfasst dabei historische, methodische und praktische
Aspekte der Körperpsychotherapie (KPT) mit dem Schwerpunkt des
Selbstregulationskonzeptes in der KPT.
Den Beginn machen allgemeine Beiträge zum Selbstregulationskonzept
vor dem Hintergrund körperpsychotherapeutischer Sichtweisen.
Weiterhin werden entwicklungspsychologische, traumabezogene,
psychosomatische und salutogenetische Themata unter dem Schwerpunkt
der Selbstregulation, sowie empirische und subjektive Wirksamkeit
und diagnostische Aspekte körperpsychotherapeutischer
Herangehensweisen vorgestellt. Die Bandbreite der Beiträge reicht
von rein historischen Betrachtungen zu Arbeiten von Pionieren der
KPT, über Darstellungen körperpsychotherapeutischer Praxis hin zu
prospektiven Überlegungen KPT zukünftig konsequenter an empirischen
Standards zu messen.
Das Herausgeberwerk beinhaltet eine Fülle
körperpsychotherapeutischer Thematiken, die jeweils kurze Einblicke
in Sicht und Arbeitsweisen der KPT geben.
Für verhaltenstherapeutisch orientierte Kollegen, denen
körperpsychotherapeutische Verfahren bis dato wenig oder unbekannt
waren, fehlt eine vorangestellte Einführung in originäre Annahmen
und Sichtweisen der KPT. Das Buch richtet sich primär an ein
körperpsychotherapeutisch erfahrenes Publikum, obwohl es eine
Vielzahl von Beiträgen verdient, mehr Beachtung zu finden.
Als Beispiele sind die Beiträge von Andreas Wehowsky mit seinem
Aufsatz zu »Selbstregulation durch Neurofeedback« oder Angela von
Arnims »Funktionelle Entspannung« zu nennen, in denen
Verhaltenstherapeuten deutliche Parallelen zur eigenen Praxis
erkennen. Ebenso deutliche Bezüge zu verhaltenstherapeutischen
Arbeitsweisen in Kombination mit körperpsychotherapeutischen
Verfahren finden sich in den Ausführungen von Paula Diederichs und
Ingo Jungclausen zu »Zwölf Jahre(n) Berliner SchreiBaby Ambulanzen
(...)«. In der Tat beeindruckt die Bandbreite der
Anwendungsmöglichkeiten, die sich von den bereits beschriebenen
über tiefenpsychologisch analytische, systemische und
verhaltenstherapeutische Therapieformen von beispielsweise
Depression und PTSD erstreckt. Dabei kann die KPT auf
jahrzehntelange Erfahrung in Umgang und Anwendung von
körperbezogenen Verfahren zurückgreifen.
Dies darf und kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die
empirisch fundierte Basis körperpsychotherapeutischer Techniken und
Theorien bis dato kaum existent ist. Das zeigt sich im zum Teil
eher mythischen Gebrauch von nicht einheitlich definierten
Begrifflichkeiten, wie beispielsweise der »Lebensenergie« oder des
»Muskelpanzers«, der empirisch geprägten Kollegen wohl eher
Assoziationen von esoterischer Beliebigkeitstherapie aufzwängt.
Dass innerhalb der KPT selbst ein Umdenken begonnen hat, beschreibt
Margit Koemeda Lutz in ihrem Beitrag »Warum auch
Körperpsychotherapeuten an quantitativ empirischer Forschung
interessiert sein sollten - Bericht über drei Studien«. Es bleibt
zu hoffen, dass Koemeda Lutz Aufforderung nach einem Verlust der
Angst und einem Streben nach empirisch fundierter
Körperpsychotherapie nicht ungehört bleibt. Die
Körperpsychotherapeutische Schule mit ihrer Erfahrung und ihren zum
Teil spannenden Herangehensweisen hätte es - nicht auch zuletzt zum
Gewinn für die Verhaltenstherapie - verdient.