Rezension zu Adolf Hitler, die deutsche Mutter und ihr erstes Kind

PAPA-Ya. Das Magazin für mehr Fairness im deutschen Familienrecht Nr. 7/2010

Rezension von Thomas Bohrmann

1934 erschien der erste Elternratgeber der Fachärztin Johanna Haarer, »Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind.« Obwohl eng an den von Adolf Hitler in Mein Kampf skizzierten Erziehungsvorstellungen orientiert, blieben ihre Bücher auch Jahre nach dem Krieg in »bereinigter Form« weiterhin als führender Erziehungsratgeber in deutschsprachigen Haushalten erhalten. Erst 1979 begann eine kritische Auseinandersetzung mit Haarers Ansichten. Mütter würden ihre Kinder immer noch im Geist des Nationalsozialismus erziehen. In den folgenden Jahren wurde generell eine autoritäre Pädagogik – zu Unrecht – mit einer nationalsozialistischen gleichgesetzt, beobachtet Chamberlain. Insofern handelt diese Geschichte nicht nur von der NS Zeit, sondern auch von dem Beginn des Feminismus in den 80er Jahren. Nicht nur Härte und Unnachsichtigkeit gegenüber Schwachen stehen am Pranger, sondern auch Werte wie Mut und Tapferkeit und Führung überhaupt. Chamberlain erkennt in der Bindungsunfähigkeit unserer Tages eine Ursache in der Erziehung durch Bindungslosigkeit. Nicht zuletzt kommt dem Mann und Vater in ihren Büchern – ganz nach der nationalsozialistischen Ideologie – keinerlei Bedeutung zu. »Alles, was wir tun, tun wir letzten Endes für das Kind.« Es klingt mit seiner absoluten Ausrichtung an das Kindeswohl wie eine Einleitung zur Kindschaftsrechtsreform von 1980. Es stammt in der Tat von Adolf Hitler, zitiert nach Haarer 1943. Auffällig ist in diesem Zusammenhang die Ablehnung von höheren Werten und christlicher Obrigkeit in der Gerechtigkeitsorientierung. Chamberlain bietet einen faszinierenden Einblick in die Wurzeln der modernen deutschen Familie. Eine Pflichtlektüre für alle, die sich in der Väterpolitik des Tages behaupten wollen.

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